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Stories » Detail

Und dann traf ich DICH (3)

von bloodyheart


Emilie und Mary hatten ihre Waschsachen aus dem Zelt geholt und gingen nun Richtung Waschecke. Emilie war noch immer mit ihren Gedanken beschäftigt und Mary hielt wissend ihren Mund. Als sie auf der Höhe des Lagerfeuers ankamen, schaute Emilie in diese Richtung und sah, dass Kerstin in ihre Richtung schaute, da das Esszelt auf der gleichen Höhe lag. Kerstin wollte gerade ins Zelt gehen, als sie Emilie sah. Es kam ihr vor wie in Zeitlupe, als sie sich ansahen und sie konnte sich einfach nicht von ihr losreißen. Emilie ging weiter, ohne auf den Weg zu achten. Sie musste sich eingestehen, wie schön sie Kerstin doch fand, ohne es wirklich zu wollen.
„Pass auf Emilie, oder willst du darüber fallen?“, Mary zeigte auf einen Zelthaken und packte Emilie warnend am Arm. Diese schreckte hoch und musste nun ihren Blick von Kerstin abwenden. Dies gefiel ihr zwar absolut nicht, aber noch weniger die Idee, sich vor den anderen zum Affen zu machen, indem sie hinflog.
„Vielen Dank.“ Die beiden gingen zum Wasserbehälter und wuschen sich schnell ab. Als sie dann beide die Zähne geputzt hatten, gingen sie zurück zum Zelt. Emilie musste traurig feststellen, dass Kerstin nicht mehr da war.
„Du bist im Moment ziemlich in Gedanken, oder?“ Mary wollte endlich etwas mehr erfahren. Wenn sich Emilie so komisch benahm, wollte sie auch wissen, weshalb genau. Sie wusste es zwar schon zum Teil, aber war sich nicht ganz sicher. Emilie schaute sie erstaunt an.
„Was meinst du?“ Emilie konnte sich vorstellen, worauf Mary aus war, doch sie stellte sich extra dumm.
„Komm schon, es ist wirklich nicht zu übersehen, dass du nicht so ganz bei dir bist, seitdem du gestürzt bist.“
„Ja, ich weiß. Der Sturz war auch ziemlich hart. Bin mit dem Boden zusammen gestoßen, du erinnerst dich?“ Emilie versuchte Mary ein wenig vom Ziel abzubringen, aber leider kannte sie sie gut genug, um zu wissen, dass sie es nicht schaffen würde.
„Ja, sicher, aber ...“
„Aber was?“
„Ach nichts, ich irre mich bestimmt!“ Emilie dachte sich schon am Ziel ihrer Hoffnung, doch wollte sie diese Sache irgendwie nicht im Raum stehen lassen.
„Hör mal, Mary, wenn dich etwas bedrückt, dann sag es mir bitte. Ich merk doch, dass du mich etwas fragen möchtest. Also, was ist es?“
„Ich ... ich meine du ... wie soll ich es sagen?“
„Komm mal mit.“ Emilie zog Mary samt Waschsachen zum Waldrand, dort wo niemand sie hören konnte.
„Ich glaube, ich weiß, was du mich fragen willst ... ist es wegen Kerstin?“ Emilie hatte sehr viel Mut gebraucht, um diesen Satz aussprechen zu können, doch sie wollte Mary nichts verschweigen.
Mary nickte und schaute Emilie fragend an.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich habe noch nie so gefühlt, aber ich weiß nicht, wie ich diese Gefühle aufnehmen soll. Ich weiß, es kommt bestimmt ganz überraschend für dich, doch glaub mir, für mich war es nicht anders. Sie hat etwas in mir bewirkt, dass ich einfach nicht beschreiben kann. Ich würde es am liebsten direkt vergessen, doch leider geht das nicht. Ich weiß einfach nicht weiter ...“ Emilie senkte den Kopf und wartete darauf, dass Mary etwas sagen würde.
Diese nahm ihre Hand und zog sie in eine Umarmung. Emilie war wirklich froh, dass Mary sie nicht verspottete, doch sie hatte schon insgeheim daran geglaubt, dass Mary es verstehen würde. Schließlich war sie ihre beste Freundin und sie hatten schon so einiges durchgestanden. So etwas würde ihre Freundschaft nicht gefährden. Das wusste sie jetzt und sie war überglücklich.
„Du weißt, egal was passiert, ich bin für dich da, o.k.?“
„Vielen Dank. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“
„Oh, ich denke, das weiß ich doch. Zumindest teilweise. Du warst schließlich auch immer für mich da und hast mir immer bei Sven geholfen, auch wenn ich das manchmal gar nicht toll fand.“ Beide mussten lachen und gingen langsam auseinander. Mary sah, dass Emilie den Tränen nahe war.
„Na komm, wir gehen wieder zurück, sonst denken die anderen schon weiß Gott was.“ Mary fuchtelte ein wenig mit den Händen und versuchte somit die anderen nachzumachen. Emilie musste wieder lachen und wischte sich schnell die Tränen weg.
Als sie im Zelt ankamen, lagen die meisten schon in ihren Schlafsäcken. Sie beeilten sich mit dem Umziehen und krochen ebenfalls in ihre. Mary fand es jedoch zu warm und baute deswegen ihren Schlafsack zur Decke um.
Sie zwinkerte Emilie noch schnell zu und drehte sich dann in ihre gewohnte Schlafposition. Emilie konnte noch nicht einschlafen und dachte über den vergangenen Tag nach. Sie konnte es kaum fassen, wie dieser eine Tag alles verändert hatte. Zum einen fand sie es nicht gut, zum anderen wollte sie es sogar ... irgendwie.
‚Was, wenn es auch die anderen erfahren? Schließlich hat Mary es ja auch ganz alleine gemerkt.’
Emilie machte sich ernsthafte Sorgen. Auch wusste sie nicht, wie Kerstin reagieren würde. Sie war sich eigentlich ziemlich sicher, dass diese etwas von ihr wollte, was hätte sonst das mit dem Lied gesollt? Aber sie konnte halt nicht wirklich sagen, ob das stimmte, bevor Kerstin es aussprach.
‚Na toll, sind mal Ferien und keine Eltern dabei, hat man trotzdem wieder Probleme!’
Emilie drehte sich genervt um und versuchte zu schlafen.
„Was wollt ihr von mir?“ Emilie drehte sich zu allen Seiten um, doch sie war umzingelt, umzingelt von schrecklich entstellten Menschen.
„Ich habe doch nichts Böses getan! Lasst mich in Ruhe, verstanden?“ Doch die Kreaturen kamen immer näher und Emilies Angst stieg ins Unermessliche.
„Lasst sie in Ruhe, oder ... “ Emilie hörte eine wild um sich kämpfende, bekannte Stimme. Ihre Furcht wich um ein großes Stück, denn sie wusste, dass Kerstin ihr helfen würde. Diese kam auch im gleichen Moment zu ihr gerannt und zog sie in ihre Arme.
„Ich werde dich beschützen, egal was passiert!“ Sie schaute Emilie tief in die Augen und diese fing an zu weinen.
„Nein ... bitte weine nicht. Ich bin bei dir, für immer.“ Emilie fühlte sich so sicher wie noch nie, sie wusste sich in guten Armen. Sie schloss die Augen und drückte sich noch mehr an Kerstins wohligwarmen Oberkörper.
Kerstin sah, wie die Kreaturen schneller auf sie zukamen und beugte sich so über sie, dass Emilie nichts passieren konnte. Sie stürzten sich auf sie und alles wurde schwarz.
‚Ahhhh’ Emilie stieß einen lautlosen Schrei aus und wachte schweißgebadet auf. Sie atmete schwer und versuchte den Traum zu verarbeiten. Sie versuchte ihn zu deuten, doch kam zu keinem anständigen Schluss. Sie wusste nur, dass die Sache mit Kerstin nicht so schnell vergessen war, wenn diese sie sogar im Schlaf beschäftigte. Das hatte sie selten und dazu noch in solch einer grausigen Form.
Sie stand auf und merkte, wie kalt es doch war, wenn man in solch einer Frühe halb durchnässt über die Wiesen läuft. Sie beeilte sich sehr um auf die Toilette zu kommen, doch konnte nicht verhindern, dass ihr eiskalt wurde.
Sie war froh, wieder unter ihre Decke kriechen zu können, nachdem sie sich schnell andere Sachen angezogen hatte. Die Decke hatte nicht wirklich viel abbekommen, da diese ziemlich weit weg geschoben worden war. Emilie kramte ihre Uhr raus und war froh, dass es erst sechs Uhr war und sie noch etwas schlafen konnte. Leichter gesagt als getan.
Das stellte auch sie fest und schlief erst nach ungefähr einer halben Stunde ein. Emilie wurde mit einem mulmigen Gefühl wach und sah, dass es erst eine halbe Stunde vergangen war.
‚Verflucht!’
Da sie nicht mehr schlafen konnte, bzw. wollte, beschloss sie, sich schon mal fertig zu machen. So hatte sie später Zeit etwas zu trödeln. Sie zog sich um und ersparte sich somit den Aufwand, sich später vor den anderen etwas verstecken zu müssen. Sie mochte es nicht, sich mit den anderen umzuziehen. Deshalb schaute sie den anderen auch nicht dabei zu. Auf fünf Minuten hatte sie alles gefunden und bewegte sich Richtung Waschecke.
Eigentlich hätte sie noch auf die anderen warten sollen, aber sie dachte sich, dass die Leiter sicher nichts dagegen hätten. Die würden sowieso erst um halb acht aufstehen.
Sie ging zum Wasserbehälter und wusch sich sogar die Arme und andere Stellen, die vom Schweiß klebten. Als sie gerade gehen wollte, bemerkt sie, wie Kerstin aus dem Leiterzelt kletterte und sich anscheinend ebenfalls waschen wollte.
‚Hört das denn nie auf?’ Emilie hätte wirklich nicht gedacht, dass sie gerade auf sie treffen würde so früh am Morgen.
„Guten Morgen. Auch so ein Frühaufsteher?“ Kerstin versuchte sich ganz locker zu geben. „Nein, eigentlich nicht, doch ich habe nicht so gut geschlafen. Ich hoffe, es ist o.k., dass ich schon so früh hier bin!?“
Emilie wurde immer aufgeregter und wollte so schnell wie möglich ins Zelt zurück. Sie zwang sich jedoch zur Besinnung und versuchte nun, ihr missliche Lage nicht ganz so misslich aussehen zu lassen.
‚Zum Glück bin ich soweit fertig und habe mich gekämmt!’ Emilie hätte sich dafür verflucht, hätte sie ungekämmt und ungewaschen vor Kerstin gestanden. Diese hatte keine Probleme mit den Haaren. Sie waren zwar hier und da platt gedrückt oder waren etwas gewuschelt, aber im Prinzip sahen sie ziemlich wie am Vortag aus.
„Nein, wieso solltest du denn nicht hier sein dürfen? Ich bin es doch auch.“
„Freut mich. Aber ich geh jetzt mal zurück, ist ziemlich kalt hier draußen.“ Emilie drehte sich um und wollte gerade aufatmen, als ...
„Emilie? Ich ... ich wollte mich nochmals wegen gestern entschuldigen. Ich wollte nicht, dass ...“
Emilie lächelte sie an und Kerstin schaute sie weiterhin nur an. Bevor sie etwas erwidern konnte, bewegte sich Emilie schon Richtung Zelt.
‚Es ist schon o.k., glaub mir. Nur ich muss mir über alles klar werden. Mach dir mal keine Sorgen um mich.’ Emilie musste innerlich lächeln, ohne dass sie wusste wofür. Wahrscheinlich war es einfach nur, weil Kerstin eben so verletzlich geklungen hatte und sie das sehr überraschte.
Emilie war ins Zelt verschwunden und Kerstin hatte sich wieder dem Waschen zugewandt. Doch sie hatte nicht aufgehört, an Emilie zu denken.
‚Ich würde zu gerne wissen, was sie denkt.’ Kerstin dachte an ihr Lächeln, vorhin als sie sich entschuldigte. Sie wusste, dass es nichts Schlimmes gewesen war, was Emilie gedacht hat, das konnte sie an dem Lächeln sehen, doch sie war sich nicht sicher.
‚Was mach ich bloß? Sie bringt mich ganz durcheinander. Ich mach Sachen, die ich sonst nie tun würde, mein Herz rast in ihrer Nähe. Ich weiß nicht weiter!’
Emilie hatte sich auf ihre Matratze gelegt und schaute gen Decke. Plötzlich merkte sie, dass Mary wach wurde und sich zu ihr umdrehte.
„Weshalb bist du denn schon angezogen? Es ist erst ... halb acht!“ Mary streckte Emilie ihre Armbanduhr entgegen und wartete auf eine Antwort.
„Ich bin halt nicht so ein Morgenmuffel wie du.“
„Von wegen. Normalerweise kommst du doch nicht vor 10 aus dem Bett in den Ferien.“
„Du kennst mich einfach zu gut“, gab sie seufzend zu.
„Tja, ich habe dich oft genug um diese Uhrzeit angerufen um zu hören, dass du dann noch schläfst! Mir kannst du nichts vormachen.“
„Na gut, na gut. Ich hatte einfach einen Alptraum und konnte anschließend nicht mehr einschlafen. Da hab ich mich schon fertig gemacht.“
„Du warst dich schon waschen?“, fragte Mary ungläubig. „Ganz alleine?“
„Naja, nicht so ganz.“ Emilie wusste, dass Marys Interesse mittlerweile aufs Unermessliche gestiegen war. ‚Sie wird es sowieso erfahren, was soll’s.’
„Was soll das heißen ‚nicht so ganz’?“
„Hm ... gewaschen habe ich mich schon selbst, aber ...“ Emilie ließ sie absichtlich etwas zappeln. Sie wusste, wie aufbrausend Mary dann wurde und sie liebte es.
„Aber was? Wer war denn noch da? Nun sag es endlich, Emilie!“
„Hm ... war es Philippe? Nein, doch Sven? Oder vielleicht doch ...“
„Emilie lass das Ratespiel. Wer war es, verdammt noch mal?“
„Kerstin, mein Gott.“
„Kerstin?“ Mary war überrascht. „Was wollte sie denn?“
„Sich waschen?!“ Emilie musste über ihre Freundin lachen.
„Ach komm schon. Sonst nichts?“ Ihre Stimme wurde immer leiser, damit niemand sie verstand, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass die anderen noch schliefen.„Nein, sonst nichts. Sie hat sich nur noch mal wegen gestern entschuldigt.“
„Wieso denn entschuldigt? War doch süß von ihr.“
„Ja, das war es auch, aber sie denkt, sie hätte mich ziemlich beunruhigt. Ich meine, das hat sie ja auch, aber halt nicht in diesem Sinne. Sie klang so ... ängstlich.“ Emilie sehnte sich zurück und wäre am liebsten zu ihr gegangen und hätte sie geküsst. Doch soweit war sie noch nicht.
Marys Grinsen wurde immer breiter und reichte bald bis an die Ohren.
„Was denn jetzt schon wieder?“ Emilie kannte dieses Grinsen nur zu gut.
„Ach nichts. Es ist nur ... Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Mit allem, aber das übertrifft alles.“
„Was willst du damit sagen?“ Emilie wurde sichtlich nervös, nur bei dem Gedanken, dass jemand etwas von ihrem Gespräch hörte. Mary jedoch zeigte Verständnis und flüsterte ihr nun ins Ohr.
„Na, dass sie es dir so angetan hat.“ Sie betonte ganz besonders das Wort ‚sie’ und Emilie wurde ganz rot.
„Mary hör bitte auf, das ist mir unangenehm und das weißt du. Ich konnte es doch auch nicht ahnen!“
„Ist ja schon gut, entschuldige. Was hast du denn jetzt vor?“
„Ich weiß es nicht, warten denke ich. Mal sehen, wie sich das entwickelt.“
„Wie sich das entwickelt.“ Mary konnte sich das Lachen nicht verkneifen, zwang sich aber kurz danach zur Besinnung, da Emilie nicht gerade erfreut darüber schien.
„Tut mir leid, das hörte sich nur ziemlich ... komisch an.“
„Lach du nur, du hast deine eigenen Probleme. Darf ich dich an Sven erinnern?“ Mary hörte schlagartig auf zu lachen und nun war es an Emilie zu lachen.
„Schon gut. Ich habe verstanden.“
„Siehst du? Und bei mir ist es noch ein ganzes Stück peinlicher.“
„Schade, dass Sven nicht singen kann.“ Mary zwinkerte Emilie zu und diese schaute böse zurück.
„Was soll das jetzt wieder heißen?“
„Na so schöne Stimmen verdrehen einem schon mal den Kopf.“
„Achja? Dich braucht er jedenfalls nicht mehr zu verdrehen, du bist schon total verquer im Kopf.“
„Also bitte. Das musst du gerade sagen. Wer ist denn hier verquer?“
„Mensch, so war das doch gar nicht gemeint.“
„Ich weiß, ich weiß. Du weißt doch, wie gerne ich dich ärgere.“
„Vielen Dank. Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Beide fingen an zu lachen.
Sie waren so in ihre Diskussion vertieft, dass sie nicht einmal bemerkt hatten, wie jemand draußen herumging und vor ihrem Zelt stehen geblieben war. Es war einfach zu verlockend gewesen und er beschloss, den leisen Stimmen kurz zu lauschen. Innerlich brodelte es nur so, doch er zwang sich, nicht ins Zelt zu gehen und alle zu wecken. Er wollte noch horchen. Aber als man nichts mehr hörte außer dem Lachen, raffte er sich auf und ging hinein, doch auch das bemerkten die beiden nicht.
„Wie es scheint, haben wir ja schon zwei ziemlich engagierte Exemplare hier.“
Erschrocken drehten sie sich um und sahen, dass Sven im Eingang stand. Mary wurde knallrot.
„Huch, ist es etwa schon acht Uhr?“
„Ja, bei eurer Debatte scheint ihr wohl die Zeit vergessen zu haben.“
‚Oh mein Gott, hat er etwa alles mit angehört?’ Emilie wurde sichtlich nervöser.
„Seit wann? Ich meine, seit wann stehst du denn schon da?“
„Ach nicht sehr lange.“ Er log ja noch nicht einmal dabei. Er schaute zu Mary, die gerade ziemlich mit ihrer Uhr beschäftigt war. Emilie lächelte Sven an und dieser bemühte sich zum ersten Mal, die anderen Mädchen, die noch nicht durch ihr Gespräch wach geworden waren, zu wecken. Sie schienen nicht gerade begeistert davon zu sein, zumal manche von ihnen es gar nicht gut fanden, dass gerade er sie in diesem Zustand sah.
Ihm schien es jedoch zu gefallen, die anderen ein wenig zu quälen und begab sich erst zum Ausgang, als alle laut schrieen, er solle gefälligst verschwinden.
Emilie hatte sich aufgerichtet und musste über die Reaktionen der anderen lachen. Sven wollte gerade an ihr vorbeigehen als er ganz nah an sie kam und flüsterte: „Wer sagt denn, dass ich nicht gut singen kann?“ Emilie war wie gelähmt und brachte kein Wort raus.
Unterdessen verschwand Sven Richtung Jungenzelt um auch dort etwas zu ärgern.
Nicht nur Emilie fehlten die Worte, auch Mary brachte kein Wort mehr heraus. Für sie war der Verdacht, dass Sven etwas von Emilie wollte, nun vollständig begründet.Beide versuchten ihre Gedanken zu sammeln, ziemlich ohne Erfolg.
„Emilie?“ Mary hörte sich nicht sehr gut an.
„Ja?“ Noch immer starrte sie geradeaus ohne eine Bewegung zu machen.
„Was war das gerade? Was hat er dir gesagt?“ Mary war am Boden zerstört. Nun realisierte auch Emilie, dass es für ihre Freundin sicher eindeutig ausgesehen hatte.„Oh Gott, Mary, nein. Nicht das, was du denkst!” Sie hatte sich zu ihr gesetzt und ihre Hand genommen.
„Glaub mir, er will nichts von mir. Er sagte nur: ...“ Den Rest flüsterte sie ihr ins Ohr und Marys Gesicht erhellte sich ein wenig; sie war so froh. Dann kam der große Schreck.
„Aber ... das heißt doch, dass ...“ Sie suchte vergeblich nach den richtigen Worten. Emilie konnte nur nicken.
„Ja, leider. Er hat so gut wie alles gehört. Dass du ihn magst und dass ich verquer bin.“ Mit der letzten Bemerkung erzielte sie genau das, was sie erhoffte: ein Lächeln Marys. Sie beide mussten ein wenig lachen, doch Emilie wusste genau, was das für Mary bedeutet hatte. Dass Sven das von ihr mitbekommen hatte erschien ihr in dem Moment nicht sehr wichtig. Sie wusste sowieso nicht, ob er es auch richtig gedeutet hatte, da sie nicht ahnen konnte, was er alles gehört hatte.
„Verdammt, so etwas passiert aber auch immer uns.“ Mary war dabei, sich umzuziehen, während Emilie mal wieder kramte.
„Stimmt, aber was soll’s? Es wird schon nicht so schlimm gewesen sein. Und wie gesagt, ich bin mir sicher, dass er dich mag.“
„Das sagst du so einfach. Das ist so peinlich. Was denkt er jetzt bloß von mir?“
„Jetzt hör aber mal auf. Was denkst du, wie es wäre, wenn er es allen von mir erzählen würde? Denkst du, das wäre toll? Aber mach ich so einen Aufstand? Nein. Außerdem wird er nicht viel an seiner Meinung ändern. Er wird höchstens froh sein, endlich Gewissheit zu haben. Und jetzt Ruhe!“
„Ist ja schon gut, tut mir leid. Du hast Recht.“
„Merk dir eins: ich habe immer Recht. Die Betonung liegt auf ‚immer’!“
„Ja ja.“ Mary verdrehte die Augen, packte sich ihre Waschsachen und ging raus. Emilie rief ihr noch ein ‚Ich geh schon zum Zelt’ hinterher und Mary winkte nur mit der Hand, als Zeichen, dass sie es verstanden hatte.
Also machte sich Emilie auf, Richtung Esszelt, um dort den Leitern schon ein wenig zu helfen. Sie hoffte innerlich, dass Kerstin schon dort war und dieser Wunsch wurde ihr sogar erfüllt. Es schien so, als würde sie überall dort sein, wo Emilie auch war. Und beide schien das nicht zu stören, ganz im Gegenteil.
Emilie nahm sich einige Teller und platzierte diese so, wie sie sie in Erinnerung hatte.
Kerstin nahm das Besteck und legte dieses zu den Tellern, die Emilie bereits hingestellt hatte.
Die anderen nahmen sich die Becher und den Aufstrich vor. So war alles schnell fertig und es war noch immer so gut wie niemand da.
Als alle eingetrudelt waren, bat Lars wieder mal alle darum, sich auf die Plätze zu setzen, auf denen sie auch an den letzten zwei Tagen gesessen hatten. So war es einfacher, die Spülgruppen zusammenzustellen.
Kerstin überlegte, wo sie sich hinsetzen sollte und war schon auf dem Sprung zu den anderen Leitern.
„Wenn du möchtest ...“ Emilie zeigte auf den Platz neben ihren eigenen und bereute es schon irgendwie, doch Kerstin lächelte sie so fröhlich an, dass Emilies Zweifel direkt wieder schwanden.
„Vielen Dank. Und das ist wirklich o.k.?“
„Wieso nicht? Hätte ich dir sonst den Platz angeboten?“, fragte Emilie sie grinsend. In dem Augenblick wäre Kerstin am liebsten über Emilie hergefallen wie ein liebeshungriges Tier.‚Reiß dich gefälligst zusammen. Das bedeutet gar nichts.’
„Nein, wahrscheinlich nicht, danke.“
Emilies ganzer Körper reagierte mit einem wohltuenden Kribbeln darauf, als jemand sie von der Seite stieß und sie sich plötzlich in Kerstins Armen wiederfand. Sie setzte sich direkt wieder gerade auf und versuchte dieses Kribbeln zu kontrollieren, was ihr aber nicht gelang.„So stürmisch heute?“ Mary war zu ihnen getreten und musste sich wirklich unter Kontrolle halten, jetzt nichts Falsches zu sagen. Emilie wurde rot, denn sie hatte Mary gar nicht bemerkt und ihr Bemerkung war mehr als peinlich gewesen.
„Dieser ... dieser Idiot da brauchte nun mal leider zu viel Platz, als er sich hinsetzte, was kann ich dafür?“ Sie schaute Mary so hilflos an, dass diese sofort aufhörte, irgendwelche Kommentare abzugeben und sich hinsetzte.
Kerstin versuchte das Geschehene zu verarbeiten und sagte kein Wort. Sie wusste schon lange, dass sie mehr wollte als nur Freundschaft zu Frauen, doch solche Gefühle hatten sie noch nie überkommen. Sie dachte, sie würde dieses Kribbeln gar nicht mehr loswerden. So wie Emilie da in ihren Armen gelegen hatte, konnte sie an nichts mehr denken, außer an sie.
Sie konnte es sich nicht erklären, schließlich hatte sie schon Freundinnen gehabt, aber dieses Gefühl ließ sie regelrecht erschaudern. Was war das bloß?
Paul, der immer neben Emilie gesessen hatte, war zwar nicht so begeistert, dass er nun einen Platz weiterrutschen musste, konnte aber leider nichts gegen Kerstin unternehmen. Als Philippe das Tischgebet begann, kam auch Kerstin langsam in die Realität zurück. Sie stieg ins Gebet ein, sah, dass Emilie nicht mitbetete und schaute sie fragend an. Diese, noch immer ein wenig rot, erwiderte nur, dass sie nicht religiös sei und sie deshalb nie beten würde.
„Naja, ich muss es leider. Man muss den anderen ja schließlich eine Art Vorbild sein, aber privat bete ich auch nie.“
„Und noch eine Gemeinsamkeit.“ Mary hatte sich mal wieder eingemischt und bekam dankend einen Fußtritt von Emilie. Sie zuckte leicht zusammen und sah Emilie böse an, die sich aber nicht beeindrucken ließ und mit dem Essen anfing. Kerstin senkte schnell ihren Kopf, damit niemand ihr Lächeln sah. Sie konnte es einfach nicht fassen, wie sich das alles entwickelte. Zuerst die Szene am Lagerfeuer, dann die heute morgen und dann die von vorhin, als Emilie in ihren Armen lag. Sie biss ziemlich lustlos in ihr Brot und versuchte so wenig wie möglich zu Emilie zu schauen. Mary hatte währenddessen das Problem, den Blicken von Sven auszuweichen. Sie wusste durchaus, dass sie eine Chance bei ihm hatte, doch wollte sie es nicht ganz wahrhaben, besonders nicht vor anderen. Doch um den ersten Schritt zu wagen war sie viel zu ängstlich, so übte sie sich also im Warten und hoffte, dass Sven sie wirklich mochte.
„Kerstin, kannst du mir mal bitte die Marmelade geben?“ Emilie versuchte gerade die schreckliche Stille zu überwinden.
„Kerstin?“ Diese schreckte auf und griff gedankenverloren nach der Marmelade.„Tut mir leid, war gerade nicht ganz bei mir.“
„Schon o.k.! Danke.“
„Nicht schon wieder dieses eklige Käse-Marmelade-Brot, Emilie.“ Mary konnte kaum hinschauen.
„Und ob. Schau weg, wenn es dich stört.“
„Das ist so ekelhaft. Wie kannst du so etwas nur essen?“ Sie erwartete keine Antwort. „Was sagst du dazu, Kerstin?“
„Lecker!“
„Nicht noch so eine. Ich sage euch, das ist kein Zufall mehr. Das ist eine Verschwörung!“
Emilie drehte sich zu Kerstin, die sich herzlich amüsierte.
„Da könnte sie sogar Recht haben, was denkst du?“
„Lass mich überlegen ... ja!“
„Na super, das werden bestimmt tolle zehn Tage.“
Zum essen kam Emilie nicht wirklich, da sie immer wieder lachen musste, doch das war es ihr wert. Anfangs hatte sie etwas Angst, sich irgendwie zu blamieren, wenn Kerstin so nah bei ihr war, doch mittlerweile war sie sehr froh darüber, dass sie sie gefragt hatte, sich neben sie zu setzen.
„Wenn ihr fertig seid, räumt bitte alles zusammen und bringt es nach vorne.“ Olli versuchte ein wenig Ruhe zu schaffen, indem er darum bat, doch viel brachte es nicht.
Die drei saßen in der Mitte des ersten Tisches und schoben alles zusammen. Emilie wollte gerade aufstehen und alles nach vorne bringen.
„Lass nur, ich mach das schon. Als Dankeschön für den Platz.“ Kerstin nahm Emilie die Teller ab und bemühte sich über die Bank zu klettern.
„Vielen Dank, aber gern geschehen. Lass mich dir wenigstens helfen.“ Emilie nahm sich den Rest und ging mit Kerstin nach vorne.
Mary schaute den beiden nach und musste lächeln. Sie hätte nicht gedacht, dass es Emilie in diesen zehn Tage erwischen würde. Und dann war es schließlich eine Frau. Doch wenn sie die beiden so sah, wusste sie, dass beide glücklich waren, obwohl sie noch nicht wirklich zusammen waren. Sie freute sich für die beiden und hoffte, dass bald jemand den ersten Schritt wagen würde. Über Sven machte sie sich keine Sorgen. Wenn er etwas davon mitbekommen hätte, würde er es sicher nicht rausposaunen.
Kerstin und Emilie kamen zurück und setzten sich wieder auf ihre Plätze.
„Sag mal Kerstin, wie lange bist du eigentlich schon Leiterin?“ Emilie wollte vieles über sie herausfinden. Mary wusste, wie neugierig Emilie sein konnte., wenn ihr jemand gefiel.
„Erst seitdem ich 18 bin, vorher ging das leider nicht. Das ist mein zweites Sommerlager, aber ich habe auch schon zwei um Ostern mitgemacht.“
„Und welches gefiel dir am besten bisher?“ Nun war auch Marys Interesse geweckt.
„Ich denke ... dieses.“ Kerstin lächelte Mary an und diese schaute kurz zu Emilie, welche ihre Hände wohl sehr interessant fand, da sie diese konzentriert anstarrte.
„Das ist unser erstes Lager. Das ist das erste Jahr seit langem, dass unsere beiden Familie keinen gemeinsamen Urlaub machen und da dachten wir beide, dann gehen wir halt ins Lager, immerhin besser als sich zu Hause zu langweilen.“
„Gefällt es euch denn hier?“
„Also mir gefällt es sehr gut, Emilie denke ich auch, aber ...“
„Mir gefällt es auch gut, danke!“ Emilie unterbrach Mary absichtlich, damit sie keine Dummheiten machte.
„Habt ihr denn vor, nächstes Jahr wiederzukommen?“
„Also ich auf jeden Fall, wenn die Leiter die gleichen bleiben.“
„Ich auch, denke ich.“
„Das freut mich. Aber dass die Leiter die gleichen sein werden, kann wirklich niemand versprechen.“
„Das macht nichts, solange du da bist.“ Emilie merkte erst, dass sie ihre Gedanken laut ausgesprochen hatte, als Mary sie verwundert ansah.



copyright © by bloodyheart. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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