von bloodyheart
Emilies Glückssträhne kam nicht wieder und so hatte auch sie bald keine Chips mehr. Doch anstatt einen Kredit aufzunehmen, pumpte sie einfach die Jungs an, indem sie ihren Charme spielen ließ.
„Ach komm schon, David. Nur dieses eine Mal, für mich. Biiiiiiitte!“ Emilie machte ihm schöne Augen und die Lachnummer des Lagers fiel drauf rein.„Na gut, weil du es bist.“
„Daaaanke, du bist wirklich ein Schatz.“ Emilie beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. David wurde knallrot und drohte zu hyperventilieren.
Die Jungs lachten lauthals und auch Emilie hatte alle Mühe sich zurückzuhalten.
„Du Biest!“
„Tja, das ist alles mein unwiderstehlicher Charme, Kerstin. Bin halt unwiderstehlich.“
„Du meinst wohl eher deine Überredungskunst.“
„Pass auf, oder meine Hände gehen wieder auf Wanderschaft.“ Emilie hatte es schon ausgesprochen und konnte es nicht zurücknehmen. Sie verfluchte sich selber.
„Wer sagt denn, dass mich das stören würde?“, antwortete Kerstin zwar leise, jedoch laut genug, dass nur Emilie es hören konnte.
„Ach ja?“
„Hmm ... hab nichts gesagt.“
„Pass bloß auf, du ...“ Emilie schmiss sich wieder mit dem Oberkörper auf Kerstin und zog ihre Beine hinterher. Die anderen waren diese ganze Spielerei schließlich schon gewohnt und ließen sich auch weiterhin nicht vom Pokern abbringen.
„Hiiiilfe, hattest du nicht etwas versprochen?“
„Tja, wie ich schon sagte, man sollte mir niemals trauen.“
„Na warte, ...“ Kerstin drehte sich mit Emilie so, dass dieses Mal sie auf Emilie lag. Plötzlich bemerkte sie, wie Mary und Sarah sie vom Zelteingang her erstaunt anschauten. Mary musste sich wirklich beherrschen und meinte nur ‚Das ist ganz normal bei denen, einfach ignorieren’. Sie verwies Sarah auf einen Platz neben David und sah die beiden noch einmal verwundert an. Die grinsten nur blöd und Mary quetschte sich zwischen Sarah und Thomas, immer mit den Augenwinkeln zu Emilie und Kerstin schielend.
„Könntest du bitte von mir runter gehen?“
„Ich kann das schon, aber ob ich das auch tue ist eine ganz andere Sache!?“
„Und was muss ich dafür tun?“
„Hmm ... lass mich überlegen ... wie wäre es mit ... ja genau ... einer Zehnerkarte für den Platz neben dir beim Essen und am Lagerfeuer?“
„Wie wäre es mit einer Zwei-Wochen-Karte?“ Die Antwort genügte Kerstin und sie sprang direkt von Emilie runter. Genau im richtigen Moment, denn paar Sekunden später stand Olli im Zelteingang und rief zum Abendessen.
„Olli, das kann nicht sein, deine Uhr geht falsch. Es ist niemals schon acht Uhr.“
„Stimmt, du hast Recht, es ist fünf Minuten vor.“ Emilie schaute ihn verdutzt an. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie nahm sich zur Sicherheit ihre eigene Uhr und musste feststellen, dass Olli tatsächlich die Wahrheit sagte.
„Das ist unmöglich, ich habe doch keine vier Stunden hier gesessen?“ Sie schaute Kerstin ungläubig an.
„Scheint dir ja sehr gut gefallen zu haben.“ Mary grinste sie frech an und Emilies Blick verfinsterte sich ein wenig.
„Naja, wie auch immer. In zehn Minuten wird gegessen. Helft ihr lieber, sonst vergisst sie vielleicht sogar diese zehn Minuten.“
„Haha, ist ja schon gut, das schaff ich schon noch.“
„Na gut, wenn du meinst.“ Olli deutete Kerstin, sie solle darauf Acht geben, dass Emilie zeitig war und diese schmiss ihm ihr Kissen genau in das Gesicht.
„Raus hier.“
Mary und die anderen sammelten alle Karten ein und einige liefen noch schnell zu ihren eigenen Zelten, um noch schnell dies und das zu machen.
„Denkst du, dass du das schaffst mit dem Fuß oder soll ich dir helfen?“
„Das wäre wirklich nett. Aber ich will dir keine Umstände machen.“ Emilie stand auf, zog ein paar mal an ihren Klamotten und humpelte Richtung Eingang.
„Was heißt denn hier Umstände? Ich muss doch sowieso dahin, wieso sollte ich dir dann nicht helfen. Los, komm her.“ Kerstin legte ihren Arm um Emilies Taille und diese machte es ihr nach.
Mary und Sarah gingen direkt hinter ihnen und Mary war in Gedanken ganz bei ihrer Freundin.
„Also gut, wie ihr sicher seht, werden wir heute nicht im Zelt essen. Da heute so gutes Wetter ist, wird heute gegrillt.“ Dieses Mal ergriff Sven das Wort und Mary wechselte schnell von Emilie zu Sven.
In den letzten Tagen war sie oft bei ihm gewesen und immer wieder hatten sie Blickkontakt gehabt. Sie konnte sich keinen Reim daraus machen. Sie war nicht so offensiv wie Emilie und schaffte es einfach nicht, den Mut aufzubringen, ihn darauf anzusprechen. Er schien zu wissen, dass sie ihn mochte, doch machte er keine Anzeichen, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht, zumindest keine eindeutigen. Sie suchte seine Nähe, zerbrach sich beinahe den Kopf, doch kam zu absolut keinem Ergebnis. Dies sollte sich schon sehr bald ändern.
„Wow, auf solch eine Begeisterung war ich nicht vorbereitet. Gut, dann mal ab zum Lagerfeuer.“
„Direkt rannten sie los, schnappten sich Teller und Besteck und ließen sich von den drei Köchen mit Würsten, über Spießchen, bis hin zu Speck bedienen. Die drei kamen gar nicht mehr mit dem Grillen hinterher. Hatten sie gerade alle bedient, so wollten schon die Nächsten einen Nachschub. Zum Glück hatten sie genug Brot, Soßen und Salate so dass sich manche schon damit zufrieden gaben.
„Und wie war dein Nachmittag, Mary?“
„Ganz lustig. Hätte nicht gedacht, dass „Monopoly“ so viel Spaß machen kann.“
„Tja und Pokern erst.“ Emilie grinste Kerstin an, die sich an ihrem Salat verschluckte.
„Das habe ich gesehen.“ Mary musste so über die beiden lachen, dass sie beinahe ihren Teller fallen ließ.
„Mary, wie kannst du nur dieses ekelhafte Grünzeug essen, du bist doch kein Kaninchen!“
„Hör mal Emilie, nur weil du keinen Salat isst, heißt das noch lange nicht, dass das niemand essen darf. Ich sag doch auch nichts.“
„Und was ist mit meinem Käse-Marmeladen-Brot?“
„Na gut, das ist aber die Ausnahme. Ist ja auch widerlich.“
„Iss doch mal ein bisschen mehr Fleisch, obwohl, nein, doch lieber nicht, sonst wirst du noch so dick wie ich.“
„Emilie, du bist doch nicht dick. Hör auf damit.“
„Von wegen, wenn ich nicht dick bin, wer dann?“
„Dirk Bach ist dick. Du bist ... perfekt.“ Kerstin aß weiter.
„Ganz ... Ganz deiner Meinung. Und ich will keine Widerrede hören. Du hast eine der tollsten Figuren, die ich je gesehen hab. Also, Ruhe!“
„Ist ja schon gut ... Mama.“
Emilie und Kerstin schienen die Begeisterung für das Grillen zu teilen, denn sie holten sich beide eine dreifache Portion. Sue guckte schon ermahnend zu ihr rüber, als Kerstin mit ihrem Teller Richtung Grill ging.
„Keine Angst, ich lass euer Fleisch schon in Ruhe. Aber den Mülleimer werde ich doch benutzen dürfen, oder?“
„Das muss ich mir aber mal ganz stark überlegen.“
„Du willst mir doch nicht drohen, oder doch?“
„Ich dir drohen? Niemals.“
„Ja ja, das sagst du jetzt.“
Emilie konnte nicht hören, worüber sie redeten, starrte jedoch die ganze Zeit in Kerstins Richtung.
„Emilie?“ Emilie fuhr erschrocken hoch.
„Ja? Tschuldige.“
„Ich bin doch deine beste Freundin, oder?“
„Ja, sicher. Was soll denn die Frage?“
„Wieso sagst du mir dann nicht endlich, dass du sie liebst? Ich meine, ich kenne dich schon seit Jahren, wieso sprichst du nicht mit mir?“
„Aber du weißt doch ... Wir haben doch schon mal darüber gesprochen.“
„Ja, aber da sagtest du, du wüsstest es nicht so genau. Und was ist jetzt?
Jedes Mal wenn ich euch beide sehe, liegt ihr euch in den Armen und so glücklich habe ich dich selten erlebt. Du bist ganz in deinen Gedanken rund um Kerstin und ich bleib so langsam auf der Strecke. Ich meine, das macht mir ja noch nichts aus, aber sonst hast du mir immer alles erzählt und jetzt ...“
„Komm mal bitte mit.“ Emilie packte Marys Teller, stellte ihn hin und zog sie mit sich, dort wo niemand sie hören konnte.
„Also, es tut mir wirklich leid. Es tut mir leid, dass ich in letzter Zeit nur noch bei Kerstin bin und es tut mir leid, dass ich dich so vernachlässigt habe. Ich habe es wirklich nicht so richtig mitbekommen. Du siehst es ja selber schon daran, dass ich dich nicht mehr nach Sven gefragt habe, das ist doch auch nicht normal. Entschuldige bitte ... Da wir gerade bei Sven sind, wie läuft es denn so?“ Nun wurde Emilie neugierig und Mary erzählte ihr die ganze Geschichte der letzten Tage.
„Soso, also auch nichts Neues. Na gut, dann werd ich halt mal was nachhelfen müssen, nicht wahr?“
„Wehe dir!“, drohte ihr Mary spielerisch.
„Na komm, eine Hand wäscht die andere. Soviel wie du mir in letzter Zeit geholfen hast ... Ich bin echt froh, so eine super Freundin zu haben. Emilie umarmte Mary und diese erwiderte die Umarmung. Kerstin beobachtete die ganze Szene vom Grill aus. Emilie und Mary setzten sich auf ihre gewohnten Plätze und auch Kerstin kam endlich wieder. Sie setzte sich hinter sie und stützte sich mit den Ellbogen auf Emilies Schulter.
„Und? Was gibt es Neues?“
„Ach nichts weiter.“
„Gespräch über Sven?“ Kerstin lächelte Mary an und diese schaute sie erschrocken an.
„Wie ... Ich meine, wie hast du ...?“
„Ich bitte dich. Das ist doch nicht zu übersehen. Zumindest nicht für mich.
Die Art wie du ihn anschaust und ihm zuhörst. Und soll ich dir was flüstern? Du hast ganz sicher sehr sehr gute Chancen bei ihm. Lass es dir gesagt sein.“ Mary konnte ihren Mund nicht mehr schließen und starrte Kerstin ungläubig an.
„Na, was denkst du? Ob sie den Mund jemals wieder zumacht?“ Kerstin hatte ihren Kopf so gedreht, dass sie genau in Emilies Gesicht schaute.
„Wer weiß, wer weiß.“
„Glaubst du, wir könnten die beiden verkuppeln?“
„Sicher, aber ich denke, es muss heimlich geschehen, wenn das rauskäme, würde Sven rausgeschmissen.“ Nun waren es beide, die ein entsetztes Gesicht machten.
„Das ist ein Scherz, oder?“ Emilie war sichtlich geschockt. „Und was soll Mary jetzt bitte machen?“
„Ganz einfach. Entweder sie versucht heimlich mit ihm zusammen zu kommen oder halt nach dem Lager.“
„Na, einfach find ich das aber gar nicht!“ Emilie wusste nicht, was das sollte.
„Tja, aber leider ist das gesetzlich verboten. Immerhin ist er ein Leiter.“
„Ja, aber ...“ Emilie fand keine Worte, genauso wenig wie Mary. Alle drei wussten, dass es schon lang nicht mehr nur um Mary und Sven ging.
„Ich find die Regel doch auch scheiße“, flüsterte Kerstin in Emilies Ohr.
„Das heißt wohl ‚Tschüss’ schöne Hoffnung auf zehn Tage Glück, Mary.“
„Wieso, die könnt ihr doch auch so haben. Oder nicht?“
„Naja, schon, aber trotzdem.“
„Versteh dich.“
Es wurde halb zehn und nachdem alles wieder in Ordnung gebracht worden war, wurde das Lagerfeuer angezündet. Wie immer setzten bzw. legten sich die drei ziemlich hinten, da sie die Hitze des Feuers nicht lange aushielten und es sowieso verhältnismäßig warm war. Emilie hatte es sich auf Kerstins Schoß gemütlich gemacht und Mary saß direkt neben ihnen. Zum Glück fielen die beiden in der Menge absolut nicht auf, da es sich komischerweise eingebürgert hatte, dass jeder sich mit dem Kopf bei wem anders legte und es wurde sogar „gekrault“, d.h. Haare wurden gewuschelt, ...; in der Sprache der Leiter „krollen“. Mädchen lagen bei Mädchen, Jungs bei Mädchen, Jungs zwar selten jedoch hier und da bei Jungs, usw.
„Ich geh mal kurz zur Toilette.“ Mary stand auf und verschwand im Dunkeln.
Plötzlich stand auch Sven auf und folgte ihr.
„Jetzt könnte es interessant werden.“
„Was meinst du?“
„Sven und Mary sind gerade in Richtung Toilette gegangen.“
„Hoffentlich wird das endlich was, ich würde es ihr wirklich gönnen.“
„Kerstin?“
„Ja?“
„Darf ich dich mal was fragen?
„Ja sicher, schieß los.“
„Wieso tust du das? Ich meine, wieso kümmerst du dich so um mich?“
„Ganz einfach, es ist mein Job hier.“ Emilies Enttäuschung war mehr als offensichtlich. Kerstin nahm ihre Hand, rutschte näher zu ihr und redete ganz leise, so dass nur Emilie es verstand.
„Aber wenn ich dich nicht so sehr mögen würde, dann wäre das etwas ganz anderes.“ Kerstin ließ Emilies Hand los, welche sie aber direkt wieder zurücknahm und fest in ihre schloss.
„Danke“, hauchte Emilie ihr entgegen.
„Du brauchst dich nicht immer zu bedanken oder entschuldigen. Alles was ich tu, tu ich gerne für dich.“
„Kerstin?“
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bloodyheart. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.