von bloodynatou
„Na, gehst du etwa schon fremd?“
Mary saß wie immer neben Sven und Emilie setzte sich ihr gegenüber neben Kerstin.
„Klar, was denkst du denn? Schließlich wechsle ich meine Freunde wie meine Unterhosen.“
„Dann will ich aber nicht deine Unterhosen sehen.“
„Hahaha...“
„Und worüber habt ihr euch eben so angeregt unterhalten?“
„Das kann ich jetzt leider nicht so sagen, aber ich müsste gleich mal mit euch reden.“
„Ist etwas passiert?“
„Nicht direkt. Es geht um eine gewisse Sache.“
Sofort verstanden die Drei, worum es ging und nickten nur zum Einverständnis.
„Und sonst? Was machen wir heute Nachmittag?“
„Sei nicht immer so neugierig. Das wirst du gleich sehen.“
„Spielverderber.“
„Zimtzicke.“
Kerstin und Emilie tauschten überraschte Blicke. Mary und Sven mussten lachen.
„Keine Bange, das ist immer so bei uns. Emilie, gerade du müsstest das doch wissen.“
„Na, das kann ja heiter werden.“
„Ach, wenn es mir zu bunt ist, dann schick ich Mary einfach zu dir. Dann kann sie ihre Späßchen mit dir treiben.“
„Pass auf, was du sagst ...“
„Bin ja schon ruhig.“
„Brav.“
„Wie gut, dass du keine Leiterin bist.“
„Ach und wieso?“
„Nur so.“
„Tz, ich wär ne gute Leiterin.“
„Ja, ich glaub dir ja.“
„Na also.“
Sven rollte gespielt mit den Augen und Emilie hatte wieder einmal Probleme, das soeben Getrunkene in ihrem Mund zu behalten. Nur mit Müh und Not schaffte sie es.
„Regel Nummer 1: Leg dich niemals mit Mary an. Das kann nur ich.“
„Ich merks. Hättest du mir echt schon vorher sagen können. Vielen Dank.“
„Tja, Pech gehabt Kleiner.“
„Pass auf du, ich kann dir sogar auf den Kopf spucken, also sei lieber ruhig.“
„Willst du mir etwa drohen?“
„Wie sieht’s denn aus?“
„Auseinander, sofort!“
Kerstin hielt beiden den Mund, doch Emilie sah dies als Einladung an. Sie kitzelte Kerstins Innenhand mit ihrer Hand. Sofort zog Kerstin sie zurück und schaute Emile böse an, doch die bekam vor lauter Lachen nichts mit.
„Super gemacht. Wir müssen schließlich zusammen halten.
Mary und Emilie klatschten sich in die Hände und Sven und Kerstin rollten nur mit den Augen.
„Die Leiter werden uns niemals klein kriegen, tschaka.“
„Jetzt iss du mal lieber, sonst stopf ich dir schon auf einer anderen Weise den Mund.“
Emilie schaute sie ein wenig überrascht an.
„Die Methode will ich kennen lernen.“
Ihr Lächeln reichte bis über beide Ohren.
„Also ehrlich ...“
„Na, wenn schon, denn schon.“
„Ruhe.“
„Tze.“
Da das Wetter immer noch traumhaft war, saßen die meisten in ihrer Freizeit vor den Zelten oder betätigten sich sportlich. Emilie hatte Mary mit zu Stoffl geschleppt und so saßen die drei am Waldrand und unterhielten sich über die Jungs.
„Xavier ist ein verdammtes Arschloch. Der hat einen Charakter von nem Schwein.“
„Nicht nur den Charakter.“
Emilie schüttelte schnell Xaviers Bild aus ihrem Kopf, da es ihr einfach zuwider war.
„Allerdings. Aber ich fand es einfach spitze, als Kerstin ihn vor allen anderen bloß gestellt hat. Als sie an dem Abend gesungen hat.“
Stoffl grinste breit und dachte an die Szene zurück. Er war knallrot geworden und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Sie wünschte, solch eine Szene würde sich bald wiederholen, aber dieses Mal sollte nicht nur Xavier bloßgestellt werden. Sie hatte mit mehreren Jungs starke Schwierigkeiten und wünschte, manche würden sich einfach in Luft auflösen.
„Übrigens, Xavier war auch der erste, der das vermeintliche Gerücht über dich und Kerstin in Umlauf gebracht hat. Er hat solch einen Hass auf Kerstin, der würde alles tun, also seid besonders vorsichtig, wenn er in der Nähe ist.“
„Danke, ich werde dran denken. Der soll uns bloß nicht zu nah kommen, sonst kann ich für nichts garantieren.“
Emilies Wut auf Xavier stieg immer mehr und sie wusste, dass, wenn er auch nur ein falsches Wort sagen würde, sie sich nicht aufhalten könnte. Daher musste sie versuchen, innerlich ruhig zu bleiben, damit sie später nichts bereuen konnte. Aber es fiel ihr verdammt schwer.
„Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir danken kann.“
„Ich wüsste da schon etwas“, lenkte Mary ein.
Emilie und Stoffl schauten sie fragend an.
„Na, bring sie und Thomas doch zusammen.“
Sie zwinkerte den beiden zu.
„Das wär zu schön, um wahr zu sein. Aber ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob ich auch wirklich will. Wenn er nämlich mit seinen Freunden rumhängt, tut er so, als würd er mich gar nicht kennen und macht einen auf cool. Sind die anderen aber nicht dabei, dann ist er superlieb und ich kann mich toll mit ihm unterhalten. Nur ich habe absolut keine Lust auf so ein Versteckspiel, versteht ihr?“
„Ja, sicher, das ist verständlich. Aber Jungs sind nun mal so ... die meisten.“
Mary dachte an Sven und wusste, dass er etwas ganz Besonderes war, denn er war nicht so wie die anderen. Gut, sie verheimlichten auch ihre Beziehung, aber aus ganz anderen Gründen. Womöglich war er einfach nur so, weil er schon älter war, aber sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass er jemals so ein Idiot gewesen war wie die Jungen in ihrem Alter.
„Leider ...“
Stoffl starrte Richtung Wiese, wo die meisten Jungs wie immer Fußball spielten und suchte Thomas.
„Also ihr habt Probleme ...“
Emilie musste lachen.
„Sei du mal ruhig, du anormales Weib.“
Mary stürzte sich leicht auf sie und kitzelte sie solange durch, bis Emilie wie am Spieß schrie. Einige der Mädchen drehten sich schon zu ihnen um und schüttelten wie immer nur den Kopf. Das schien für sie schon Gewohnheit geworden zu sein, irgendwen auf Emilie liegen zu sehen, der sie kitzelte oder einfach nur mit ihr ‚kämpfte’.
„Lieber anormal, als so bekloppt wie ihr.“
Kaum hatte es Emilie ausgesprochen, bekam Mary schon Unterstützung von Stoffl. Emilie schrie und schrie, doch die beiden hatten kein Erbarmen. Erst als Emilie Mary aus Versehen ihr Knie in den Bauch rammte, ließ sie von ihr ab. Sie hielt sich den Bauch und schaute Emilie mit schmerz-verzerrtem Gesicht an. Diese sprang sofort besorgt zu ihr und entschuldigte sich tausendmal bei ihr.
Marys Mundwinkel wurden immer breiter, bis sie in schallendes Gelächter ausbrach. Emilie schaute sie nur verdutzt an.
„Du müsstest dein Gesicht sehen ... einfach zum totlachen.“
Auch Stoffl musste lachen. Emilie kreuzte die Arme und schaute sie sauer an.
„Ach komm schon. Sei nicht böse. War doch nur ein kleiner Scherz. Glaubst du, so ein kleiner Tritt kann meinem Bauch was anhaben?“
„Du solltest lieber aufpassen, sonst ist der nächste nicht mehr so sanft!“
Emilie drohte ihr spielend und musste nun auch grinsen. Mary war einfach unverbesserlich, das wusste sie nur zu gut. Aber trotz solcher Aktionen, oder gerade wegen ihnen, konnte sie sich ein Leben ohne Mary nicht mehr vorstellen.
Ihr Leben hatte sich in den letzten Tagen so sehr verändert, alles war aus den Fugen gefallen. Und trotzdem stand Mary immer noch zu ihr. Emilie hatte schon öfters sehr gute Freundinnen gehabt, doch die waren meist weggerannt, gab es mal eine kleine Meinungsverschiedenheit oder ein Problem. Bei Mary war es ganz anders. Egal, was für Probleme es gab, sie war immer bei ihr geblieben und hatte ihr geholfen, genau wie Emilie Mary.
Nur selten hatten sie sich gestritten und dann hatten sie sich meist am gleichen Tag noch vertragen. Es war wahre Freundschaft, das wusste Emilie jetzt. Das wurde ihr aber erst jetzt so richtig klar. Davor war Mary irgendwie eine Selbstverständlichkeit gewesen, doch nun wurde ihr bewusst, wie viel sie ihr doch bedeutete und dass es solch eine gute Freundin nur einmal im Leben gab.
Mary schaute total überrascht. Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. Sie fand sich plötzlich in Emilies Umarmung wieder, ohne Vorwarnung. Aber nicht, dass sie irgendwie völlig schockiert gewesen wäre, sie war nur nicht drauf gefasst. Emilie und sie waren zwar beste Freundinnen, aber sie waren nie solche gewesen, die händchenhaltend durch die Straßen liefen oder sich umarmten. Das kam nur sehr selten vor. Sie wussten auch so, dass sie füreinander da waren.
Mary erwiderte die Umarmung und schaute Stoffl fragend an, die aber nur mit den Schultern zuckte und genauso perplex war. Langsam löste sich Emilie wieder von Mary und Mary blickte sie fragend an.
„Danke.“
„Wofür?“
„Na, für alles. Dass du zu mir stehst, mir hilfst, immer für mich da bist, dass es dich überhaupt gibt.“
„Huch, ich weiß ehrlich nicht, was ich sagen soll. Aber für das letzte, da musst du dich bei meinen Eltern bedanken.“
„Das werd ich auch irgendwann.“
„Mensch, du bist wirklich wie ausgewechselt. Seitdem wir hier sind, veränderst du dich zusehends. Nicht im negativen Sinne, ganz und gar nicht, aber wow.“
Mary hatte diese Veränderungen schon lange bemerkt, seitdem Emilie Kerstin das erste Mal gesehen hatte.
Anfangs hatte sie nichts damit anfangen können, aber da nun alles raus war, verstand sie sehr gut und sah immer mehr, wie Emilie sich entfaltete. Sie tat Sachen, die sie nie zuvor gewagt hatte und wurde viel offener. Das freute sie sehr.
„Und das alles wegen so einer dummen Leiterin!“
Mary knuffte sie in die Seite und grinste sie frech an.
„Pass auf, was du sagst, sonst hetz ich sie dir auf den Leib. Und ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass es nicht grad einfach ist, sich da herauszuwinden.“
Sie zwinkerte ihr zu und alle drei mussten lachen.
Plötzlich näherte sich ein Schatten und als sie sich in dessen Richtung schauten, sahen sie, wie ein paar Jungs mit zwei Mädchen sich näherten.
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bloodynatou. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.