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Vom Wiedersehen und Abschiednehmen...

von Sommerregen04


Vom Wiedersehen und Abschiednehmen...


Am Abend ging sie in den Park. Sie stand am Seeufer und blickte auf das trübe Wasser, als sie plötzlich einen gedämpften Knall hörte. Sie wusste nicht was mit ihr geschah und ehe sie sich versah, fand sie sich im Wasser wieder. Die eisige Kälte kroch durch ihre Kleidung, drang in ihren Körper und schien jeden einzelnen Muskel zu blockieren. Sie begann zu strampeln, versuchte auftauchen, an die Oberfläche, um die klare Nachtluft einzuatmen, doch sie schien sich immer weiter von der Oberfläche zu entfernen. Immer tiefer sank sie und spürte wie ihre Beine und Arme schwerer wurden. Müdigkeit überfiel sie und ihre Augenlider wurden schwerer. Dennoch starrte sie gebannt auf das weiße Licht, das irgendwo in der Tiefe, mitten im See zu entspringen schien und sie begann zu vergessen, was um sie herum geschah.

Abrupt öffnete sie die Augen und richtete sich auf. Die Lampe neben ihrem Bett blendete sie und sie verharrte einige Sekunden, um sich an das helle Licht gewöhnen zu können.
Verwirrt rieb sie sich die Augen, stand auf und trat ans Fenster. Sie lehnte den Kopf gegen die kalte Scheibe und starrte in die Nacht hinaus. Im Garten konnte sie die dunklen Schatten der Tannen erkennen und wie sie sich im Wind wiegten. Fast wirkten sie lebendig. Das graue Licht des Mondes, schien sie alt und traurig wirken zu lassen. Als würden sie sich winden vor Schmerzen. Insgeheim wartete sie darauf ihr leises Wimmern zu hören, bis ihr klar wurde, dass es ruhig bleiben würde.

Sie trat zur Lampe, schaltete sie aus und legte sich ins Bett. Wieder fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
Dieses Mal schaute sie in den Himmel und drehte sich dabei im Kreis. Dann ging sie einige Schritte rückwärts, bis sie gegen etwas Hartes stieß und stolperte, sodass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Sie dreht sich um und sah eine Bank, die ihr bekannt vorkam. Sie hatte die Bank schon einmal gesehen. Prüfend warf sie einen Blick in die Dunkelheit. Sie befand sich auf einem Spielplatz. Hier war sie zuvor einmal gewesen. Sie erinnerte sich nicht wann. Alles, was sie noch wusste war, dass sie nicht alleine hier gewesen war. Es musste vor Katjas Unfall gewesen sein.
Katja hatte noch gelebt und sie war mit ihr hier gewesen! Sie hatten auf der Bank gesessen und den Kindern beim Spielen zugeschaut. Sie erinnerte sich, dass es warm gewesen war. Deshalb waren sie fast den ganzen Vormittag geblieben und hatten dort in der Sonne gesessen.
Vorsichtig fuhr sie mit den Fingerspitzen über die alte Holzbank, als würde diese noch mehr Erinnerungen enthalten, die dadurch wieder zum Leben erweckt würden.
Die Kälte kroch in ihre Finger. Schnell zog sie die Finger zurück und wandte sich ab.
Sie schaute hinüber zu den Schaukeln.
Damals hatten sich ein paar Kinder um die Schaukeln gestritten. Sie konnte die Szene noch genau vor ihrem inneren Auge sehen.
Verträumt starrte sie auf die leeren Schaukeln, die sich sanft im Wind wiegten, als hätte eine unsichtbare Hand sie angestoßen.
Zögernd ging sie hinüber, setzte sich auf eine der Schaukeln und stieß sich ab. Sie schwang sich immer höher.
Beinahe fühlte sie sich frei. Sie fühlte sich Katja auf eine Weise, die sie nicht verstehen konnte, nahe und wenn sie den Kopf in den Nacken legte und in den grauen Himmel starrte, dann kam es ihr so vor, als sei sie ebenfalls längst dort oben angelangt. Irgendwo, an einem Ort weit weg von der Realität und von ihrem Leben. Sie wusste nicht wo, aber sie war sich sicher, dass es dort besser war.

Das schrille Piepsen ihres Wecker riss sie jäh aus ihren Träumen.
Sie stellte den Wecker ab und ging ins Badezimmer.
Dort stellte sie sich unter die Dusche und ließ die warmen Tropfen auf sich niederprasseln.
Als sie aus der Dusche kam und in den Spiegel sah, konnte sie sehen, dass ihre Augen gerötet waren. Hatte sie etwa geweint? Diese Tatsache schien ihr unwirklich und sie wusste keine Antwort auf diese Frage. Verwirrt suchte sie ein Handtuch und trocknete sich ab.

Eine Stunde später saß sie in ihrem Büro, starrte auf den Monitor ihres Computers und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Ihre Sekretärin teilte ihr telefonisch mit, das Meeting sei vorverlegt worden, sie werde in einer halben Stunde erwartet. Sie antwortete sie werde rechtzeitig fertig sein. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf den Monitor.
Schließlich stand sie auf, verließ das Gebäude und setzte sich in ihr Auto.
Das Meeting würde ohne sie stattfinden.
Am Friedhof angekommen, merkte sie, wie ihre Schritte langsamer wurden. Der einzige Mensch, der ihr begegnete, war eine alte Frau mit einem Blumenstrauß in der Hand, die ihr im Vorübergehen zunickte. Sie senkte den Kopf und ging weiter. Keiner sollte ihre Tränen sehen. Die Kieselsteine knirschten unter ihren Sohlen.
An ihrem Ziel angekommen, kniete sie sich hin und berührte behutsam Katjas kalten Grabstein. Vorsichtig legte sie die weiße Rose, die sie unterwegs gekauft hatte, auf das Grab. Weiße Rosen stehen für die wahre Liebe, hatte Katja immer gesagt. Egal, wie oft sie versucht hatte, Katja zu überzeugen, dass rote Rosen viel schöner wären, jedes Mal hatte Katja lachend den Kopf geschüttelt und darauf bestanden, dass weiße Rosen die Schönsten seien, da sie eine besondere Bedeutung hätten.
Erst zwei Mal war sie hier gewesen, seit Katja vor einem Jahr gestorben war. An ihrer Beerdigung und einige Wochen später war sie mit Katjas Schwester hergefahren. Sie erinnerte sich an den Tag. Es war kalt gewesen und es hatte geregnet. Katjas Schwester war lange Zeit am Grab gestanden und hatte geweint. Sie selbst war abseits gestanden und hatte sich volkommen fehl am Platz gefühlt. Nie wieder hatte sie danach an diesen Tag gedacht.
Die Erinnerungsfetzen verschwanden wieder, genauso schnell wie sie gekommen waren und sie fuhr mit den Fingerspitzen über die Buchstaben, die in Katjas Grabstein geschliffen waren.
Schließlich begann sie zu erzählen. Sie erzählte Katja, wie es ihr ergangen war im letzten Jahr. Sie erzählte, wie sehr sie sie vermisste und sie erzählte ihr von den Fotos des letzten gemeinsamen Urlaubs, die sie nach ihrem Tod hatte entwickeln lassen nur um sie anschließend in die hinterste Schublade ihres Schrankes zu verbannen, da sie die Erinnerung an Katjas fröhliches Lachen nicht ertragen konnte.
Als sie fertig war, setzte sie sich wieder ins Auto und fuhr zum Park. Es war spät geworden, die Sonne ging bereits unter. Sie lief zum Spielplatz und setzte sich auf die Bank.
Dort saß sie mit geschlossenen Augen und genoss die letzten Sonnenstrahlen. Als die Sonne untergegangen war fuhr sie nach Hause.
Morgen würde sie wiederkommen.



copyright © by Sommerregen04. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


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Joker27 - 14.01.2005 10:15
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booty_shakin - 11.01.2005 11:27
bravo
toll geschrieben!
bloodyheart - 10.01.2005 23:24
kompliment
ZartertEngel - 09.01.2005 20:47

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