Wartezeit

von traum_zeit


Wartezeit


Ich liege hier auf meinem Bett und draußen prasselt der Regen ans Fenster.

Schon seit einer Stunde schaue ich nicht mehr hinaus! Wozu auch?

Alles ist grau in grau und der Regen lässt auch nicht nach. Mal fallen schwere Tropfen dumpf auf irgendetwas im Freien, dann wieder wird der feine Regen vom Wind in alle Richtungen gepeitscht.

In der Ferne ist sogar das Grollen des Donners zu hören.

Mir kommt es vor, als ob sich meine eigene Stimmung auf die Umgebung übertragen würde. Ich könnte so glücklich sein, aber ich bin es nicht - DU bist nicht bei mir!

Ich warte schon eine ganze Woche voller Sehnsucht auf deine Rückkehr!

Irgendein Seminar, auf das du unbedingt gehen musstest. Ich verwünsche den Tag, an dem du abgereist bist!

Als ich mich von dir verabschiedet habe, schaffte ich es gerade noch zu lächeln, aber als du weggefahren bist, stiegen die Tränen unerbittlich in mir hoch. Und jeden Tag kommt dieses Bild wieder hervor. Ich sehe immer wieder dein Strahlen, als du ins Auto steigst - seit Wochen hast du dich auf diese Fortbildungswoche gefreut! Aber ich sehe auch den traurigen Schimmer in deinen Augen, als wir uns zum letzten Mal umarmten und küssten.

Heute endlich ist die längste Woche meines Lebens vorbei. Telefongespräche und SMS sind einfach kein Ersatz dafür, mit dir im Arm einzuschlafen und wieder aufzuwachen. Dein Duft ist noch immer im Polster drinnen und ich kuschle meinen Kopf mit einem leichten Lächeln hinein. Bald kann ich wieder mit dir kuscheln.

Aber noch schweigt das Telefon und auch kein Piepsen macht auf eine neue Nachricht von dir aufmerksam. Ich bleib einfach im Bett liegen - im Radio spielt es gerade ein schnulziges Liebeslied. Irgendein Popsternchen klagt wieder einmal ihr Leid über den neuesten Liebeskummer. In Gedanken versunken verziehe ich nur kurz den Mund! Die wissen doch nicht im Geringsten, was wahre Liebe wirklich bedeutet und wie sich frau fühlt, wenn das Herz nur noch für eine einzige Frau schlägt!

Mitten im Lied meldet sich plötzlich mein Handy zu Wort. Eine SMS von dir ist angekommen, aber meine Freude legt sich schnell wieder. Du hast nur geschrieben, dass du im Stau steckst, es noch eine Weile dauern wird und ich mir keine Sorgen machen soll.

Kein "Ich liebe dich", kein "Bis gleich Schatz". Nur die blöde Meldung, dass du im Stau stehst und für mich die Klarheit, dass ich noch länger auf dich warten muss.

Draußen regnet es noch immer, mit dem einzigen Unterschied, dass neue Wolkenformationen am Himmel aufgetaucht sind.

Unwillkürlich läuft mir eine Gänsehaut den Rücken hinunter. Mit hängenden Schultern lege ich mich wieder ins Bett. Das Handy halte ich mit beiden Händen auf meinem Bauch stehend fest und starre auf das dunkle Display. In Wirklichkeit bin ich mit meinen Gedanken ganz woanders, als beim Telefon. Endlich wieder mit dir zusammen sein zu können, dich in den Armen halten und beim Aufwachen keinen leeren Platz neben mit im Bett aufzufinden.

Ein neuerliches Piepsen holt mich wieder in die Realität zurück. Zuerst kann ich gar nicht glauben, was da steht: "Deine Liebe hat mir wohl Flügel verliehen, damit ich schneller zu dir kommen! *gg* Dreh dich jetzt bitte nur ganz schnell um und nimm mich in die Arme!"

Im ersten Augeblick kenn ich mich überhaupt nicht aus, aber dann fliegt das Handy auf die Decke und ich stelle einen neuen Rekord im Aus- dem- Bett- springen auf. Du stehst in der Tür und lächelst mich mit ausgestreckten Händen an. Ohne noch einen weiteren Moment zu zögern, tu ich genau das, was in deiner letzten SMS gestanden ist! Es tut so gut, deinen warmen Körper zu spüren, deine weichen Lippen wieder berühren können! Ich halte dich lange einfach nur fest. Ich spüre deine Haare, und deinen Atem an meinem Hals, da du dich an meine Schulter gelehnt hast. Als wir uns voneinander lösen, frage ich dich, was denn aus dem Stau geworden ist! Du legst deinen Kopf leicht schief und schenkst mir ein Lächeln, von dem du weißt, dass ich ihm nicht widerstehen kann. Ich kann nicht anders und küsse dich mit all der Liebe, die ich für dich empfinde und aller Sehnsucht, die sich in der letzen Woche aufgestaut hat. Während unsere Lippen verschmolzen sind, reißt die Wolkendecke auf und sie Sonne schickt ihre Strahlen durchs Fenster, die das ganze Zimmer in goldenes Licht tauchen!