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Weiße Frösche und Bert

von Sasori


Das erste mal als ich SIE gesehen habe…

Hatte ich genug andere Probleme. Genau am Tag vor unserem verabredeten Tischtennisspiel hab ich es tatsächlich geschafft, beim Training dermaßen auf die Nase zu fliegen, dass ich mich nur leicht humpelnd durch die Gegend bewegen konnte.

Und so stand ich da… Am Bahnhof. Wie schwer ist es, eine lesbische Frau am Bahnhof auszumachen? Vor allem in einer Kleinstadt am Rande Berlins? Das wird sie wohl sein – androgyn, in einer Army-Hose, mit einem schwarzweiß karierten Hemd, Sonnenbrillen und zerzausten Haaren. Juten Tach, die Dame. Gut nach Bernau gefunden? - Das Navi hat unterwegs nicht abgekackt, also ja. - Na freut mich, ab in den Park zum Tischtennis!

Humpel, humpel, AUA! Das passiert heute öfters, bitte ignorieren.

Kennt ihr das Gefühl, wenn man eine hübsche Frau zu sehen bekommt? Die Atemfrequenz verändert sich, das Herz schlägt schneller, die Augen tasten ihren Körper Stück für Stück ab… Und wenn man daneben steht, zieht man vorsichtig die Luft in die Nase rein, um ihr Parfum zu erfassen. Gerade DER war nicht schlecht, sogar ziemlich ungewöhnlich. Auch wenn das Hemd nicht zur Hose passte. Und der Rest – na ja, lassen wir mal gelten… Vielleicht ist sie gut drauf und es entwickelt sich eine nette Freundschaft? Erstma sehen, wie sich die Dame beim Tischtennis anstellt….

Zeitsprung. Wir sitzen bei ihr zu Hause. Der blaue Krebs im Guppyaquarium verkriecht sich im Dekorschädel und mustert mich misstrauisch mit einem Auge. Ihm fehlen ein paar Gliedmassen. Deswegen heißt er übrigens Timmääääää – wie der aus South Park. Angenehm. Er ist ein gestörter Einzelgänger, eine Killermaschine auf 4 von 6 Beinen und kriegt spontan Stress wenn es zu viel Guppynachwuchs gibt. Ist mir auf Anhieb sehr sympathisch.

Hinter dem Sofa ist ein halb gefülltes 500l-Becken mit zwei Axolotl und einen Albinofrosch. Eigentlich heißt er Gimli, wird aber Pisser genannt. Axolotl bewegen sich langsam, halb in Schlaf und wackeln höchstens mal mit ihren Kiemenästen, während der Frosch aktiv Hunger vortäuscht und beim Anblick eines Tauwurmes fast aus dem Becken springt. Der stresst die armen Axolotl – wird mir erklärt. Ob ich den Stresser mitnehmen möchte? Klar, immer her damit. Hab schließlich auch einen Albinofrosch zu Hause. Er wurde von meiner Oma illegal aus Russland in einem Gurkenglas nach Deutschland verfrachtet und ist schon seit 10 Jahren ganz alleine. Es wird sich bestimmt freuen. Gefälligst!

Zeitsprung zwei. Unser drittes Date. Wir fahren zum See, ich nehme vorsichtshalber eine Freundin mit, um nicht auf komische Ideen zu kommen. Ein netter Mädelsabend zu dritt. Sie und ich schwimmen im Mondschein, mein BH ist in der Schublade im Schrank geblieben. Sie hält mich in den Armen. Es wird kalt. Wollen wir langsam los? Klar. Der See liegt mitten im Wald, keine Laterne im Sicht. Wo steht das verdammte Auto? Irgendwo in die Richtung… Vielleicht. Nach zwei Stunden Rumirrens im Wald, als die eine Taschenlampe nicht mehr konnte, haben wir die Autobahn gefunden, und nach einer weiteren Stunde auch das Auto. Ende gut – alles gut. Kleiner Abendspaziergang. Machen wir nie wieder.

Zeitsprung drei. Wir sind seit ein paar Monaten zusammen. Ich bin immer bei ihr, in der kleinen Einraumwohnung. Das Geschirrhaufen in der Küche wird ab und zu beseitigt, ich werde zum Müllrausbringen eingeteilt. Wollen wir spazieren gehen? – Klar, können auch zum Tierheim laufen. Machen wir.

Das Tierheim besteht aus mehreren flachen Gebäuden auf einen weiten Feld. Wir schauen uns das Katzenhaus an, und die Kleintiere. Aber eine Katze in der kleinen Wohnung? Nein, das lassen wir schön sein. Hier steht, es gäbe hier ein Reptilienhaus. Mist, der hat aber gerade zu. Was machen wir jetzt? Vogelhaus? – Du willst nichts ins Vogelhaus, es wird immer so laut… - Ah komm, wenn wir schon hier sind…

Die Papageien begrüßen uns mit lauten, hysterischen Geschrei. Die Tierpflegerin unterhält sich mit anderen Besucher. Doch was ist das? Ein kleines Aquarium, mit einer großen Wurzel und eine Wasserschildkröte, die auf den Rücken gefallen ist.
- Ist doch voll der mist, mit so wenig Wasser wird sie sich nicht wieder drehen können…
- Doch, das müsste eigentlich gehen…
- Herbert! – die Tierpflegerin kommt hinzu, macht den Deckel auf und dreht die Schildkröte auf den Bauch. Ich merke an, es wäre für die Schildi einfacher, sich umzudrehen, wenn das Wasserspiegel etwas höher sein würde. Nein – wird uns erklärt – der arme Herbert hat eingefallenen Lungenflügel und kann nicht schwimmen.
Eine Wasserschildkröte die nicht schwimmen kann und die keiner haben will… Außer… SIE schaut mich mit großen Augen von der Seite an. Verdammt. Schatzi, du willst nicht ernsthaft eine Wasserschildkröte haben, oder?

Oh doch…

Herbert wird schleunigst nach Hause verfrachtet und nach ein paar Tagen in Stinkbert, Blödbert und Drecksbert umgenannt. Dass man das Wasser nach drei Tagen vollständig wechseln muss erfährt man erst, wenn das Tier zu hause ist. BERT, pinkel nicht auf die Steckdose! Und auch nicht in den Rücksack! Bert, ey…

Zeitsprung vier – the last one.
Großer Zeitsprung. Große gemeinsame Wohnung nach gerade mal ein Jahr Zusammensein. Mit einem Balkon und Junikäfer zu Gast. Ich verteile meine Uni-Unterlagen regelmäßig in der Gegend, sie – ihre Kleidung auf 2 Quadratmeter im Bad. Sie hat gute Laune wenn sie satt und ausgeschlafen ist, und ich – genauso. Zwei weitere Tierchen in diesen kleinen Berliner-Randzoo. Wir teilen die Wohnung mit exotischen Insekten, Schildkröten (Bert und Berta… Und Bert ist eigentlich ein Mädchen… Passt ja!), Spinnen, Schlangen und Axolotl.
Und es gibt Froschnachwuchs… Guter Zeichen, oder?




copyright © by Sasori. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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