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Welchen Weg wählst du?

von Kampfsocke


Den grün-weißen Wagen sieht man schon von weitem langsam heranfahren. Es scheint fast
so, als würde sich die Polizei an diesem Abend besonders lange Zeit lassen.
Letztlich spielt es auch keine Rolle. Es wird auf das gleiche Ergebnis herauslaufen, wie
immer: Platzverweis, Androhung einer Anzeige. Die Hoffnung, dass sich in dieser Stadt
endlich einmal etwas ändern würde, hat die Gruppe Jugendlicher, auf die die beiden
Polizisten zugehen, längst aufgegeben. Den Widerstand und den Trotz haben sie dennoch
beibehalten.
Schließlich sollte es keine Straftat sein, sich auf einem öffentlichen Platz zu versammeln,
um sich zu treffen, und Zeit miteinander zu verbringen. An sich sollte es auch nicht
vorkommen, dass Passanten die Polizei rufen, allein aufgrund der Anwesenheit.
Bunte Haare und Iros, Leopardenmuster an den Seiten. Piercings glitzern in der Nase,
Sicherheitsnadeln in den Ohren und an der Jacke. Dazu schwere Stiefel, gebleichte Hosen, Nieten an den Jacken, den Kasi mit Musik neben sich stehen.
Ja, das schreckt die Menschen ab.
„Die müssen weg aus dieser Stadt – schließlich sind solche Leute sicherlich kriminell,
und nehmen Drogen. Arbeitslos sind sie bestimmt auch noch, und leben auf unsere Steuern.
Nein – das kann nicht geduldet werden in unserer sonst so sauberen Stadt.“
Die Polizisten, die nun angekommen sind, stehen unter dem Druck der Öffentlichkeit.
Man fordert von ihnen, uns loszuwerden. Schließlich sind wir unerwünscht, und
zerstören das Stadtbild.
Es folgt die übliche – man kann es schon fast so nennen – Zeremonie. Ich bin Teil der
Gruppe, so wie jeden Freitag. Die beiden Polizisten fordern unsere Ausweise ein, wir
bekommen den gängigen Platzverweis, packen unsere Sachen zusammen und werden uns,
sobald wir unsere Personalien zurück haben, trollen.
Langwierige Diskussionen haben wir aufgegeben, bevor es zur Eskalation kommt.
Während einer der beiden „Männer in Grün“ im Wagen sitzt, und unsere Daten weitergibt, sehe ich einmal mehr einen Pulk Schaulustige um uns herumstehen. Man sieht ihnen die Neugier und Schadenfreude direkt an. Ich gehe auf ein Pärchen zu, das nahe bei uns steht, und frage, was es denn zu schauen gäbe – Schweigen und ein betretener Blick.
Ich frage ein zweites Mal. Womöglich bin ich dabei lauter geworden, als beabsichtigt…
Werde jedenfalls gleich von dem Polizisten, der bei uns stand bei Seite genommen.
Ich finde es durchaus schade, hätte ich doch zu gerne gewusst, was diese Menschen dazu
bewegt, uns so auf die Pelle zu rücken, wenn sie letzten Endes doch auf gewisse Weise schon
Angst haben. So wurde es uns jedenfalls mitgeteilt: Es wäre die Polizei gerufen worden, aus
Angst davor, angepöbelt zu werden, und aus Unsicherheit. Mit anderen Worten: Angst vor
dem Unbekannten, davor, sich mit etwas scheinbar Unbequemen auseinanderzusetzen.
Nach einer halben Ewigkeit bekommen wir unsere Personalausweise zurück, und setzen uns
endlich in Bewegung, Richtung alter Bahnhof. Dabei handelt es sich um den alten Bahnhof
der Stadt, der zu einer Kneipe umgebaut wurde, und eher selten von Regionalbahnen
angefahren wird.
Die Lust zu feiern ist mir eigentlich schon vergangen nach dieser Aktion. Die Vorstellung,
sich wieder in diese Bahnunterführung zu setzen behagt mir nicht wirklich. Doch wir
haben keine Alternative. Ab und zu in die Kneipe, um etwas zu essen, und ein paar Leute zu
sehen, die man kennt. Geld, um lange zu bleiben, hat man nicht, und ohne Bier möchte man
auch nicht drinnen sitzen.
Also haben wir uns auf diese Unterführung zu beschränken: Die Wände voller Grafitti, der
Wind pfeift durch den Gang, und die einzige Sitzgelegenheit ist die schmuddelige Treppe.
Dennoch habe ich mich daran gewöhnt – schließlich bin ich wegen meinen Freunden hier.
Endlich wird der Kasten ausgepackt, den wir vorher wegen der Polizei und den Passanten
eigentlich sorgfältig mit Jacken bedeckt hatten. Man bedient sich, es tönt von allen Seiten
das altbekannte „Plopp“-Geräusch und die Kronkorken fliegen weg.
Ein gegröltes „Prost“ macht die Runde, und die ersten Flaschen werden geleert: Die Party
kommt in Gang, die Stimmung steigt.
Ab und zu machen wir Platz für Bahngäste und Passanten, ansonsten sind wir vollkommen
ungestört. Ich genieße diesen Abend, wie jeden, den ich hier verbringe. Es mag zwar seltsam
erscheinen, und manch einer wird sich wundern, wie man solch eine Feier schön finden kann.
Aber dennoch fühle ich mich wohl. Es ist das Gefühl des Zusammenhalts, wenn wir
gemeinsam die uns bekannten Lieder singen, oder manchmal auch eher grölen.
Ein Freund von mir sagte, jeder brauche seinen Fluchtpunkt – und wir haben unseren
hier gefunden. Inmitten von einem Haufen liebenswerter Chaoten.
Das bin ich – Das sind wir: Normale Mitbürger, die auf dem Weg kehrt gemacht haben
und sich nicht einfach still abgefunden haben mit dem Bestehenden.
Und wer bist du? Bist du eine(r) derer, die die Polizei anrufen? Bist du einer der
Schaulustigen?
Bist du auf deinem Weg stehen geblieben, und hast alles stillschweigend hingenommen?




copyright © by Kampfsocke. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


^^
respekt, die story ist echt mal gut geschrieben ^^.
hoffe du schreibst noch weiter solche werke^^...
*luet der story auf dem weg stheen geblieben udn umgekehrt ist* hihi ^^ muaha ^^
Angeleye1991 - 23.03.2007 20:14

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