von Sasori
... gibt’s an erster Stelle richtig Ärger. So richtig Ärger. Man kann es natürlich mit solchen dyplomatischen Ausdrücken wie „Missverständnisse oder gar „Horizonterweiterung“ beschreiben, aber nichtsdestotrotz bleibt es so wie es ist – und meistens ist es verdammt nervenaufreibend. Und – sarkasmusfördernd. Wobei mir Sarkasmus ganz sympatisch ist.
An erster Stelle kommt immer das Gleiche – und zwar versucht einer immer, den Toleranten raushängen zu lassen:
„Jaaa, ich find’s voll in Ordnung dass du lesbisch bist!“
(Übersetzung – BOAH GEIL NE LESBE!)
Oder, noch besser:
„Ich hab nichts gegen Homosexuelle!“
Toll, denk ich mir, da sind wir schon zwei! Und, übrigens, ich hab AUCH nichts gegen Heterosexuelle! (siehste, ich kenn auch so lange Wörter!) Und, als es endlich ausgesprochen wurde, komm ich mir sowieso ziemlich tolerant vor. Und NATÜRLICH hab ich auch nichts dagegen dass DU hetero bist! Ich mag dich trotzdem! Das wollte ich nur mal gesagt haben.
Nun, das wäre geklärt. Darf ich vorstellen – die Grundlage einer homo-hetero-Freundschaft ist geboren. Und, wie man es sich eh schon denken kann, geht der Ärger somit freudeerfüllt weiter – immerhin bleiben genug Fragen offen, zumindest, um eine Geschichte darüber zu schreiben.
Somit geht es weiter mit der ersten tollen Frage.
„Bist du sicher dass du nur noch nicht den Richtigen gefunden hast?“
Schon an der Stelle frage ich mich, ob es im Internet nicht eine geheime Website gibt, natürlich nur für die Heten, sowas wie „100 Fragen die man einer Lesbe unbedingt stellen muss.“ Zumindest bleiben die Fragen, ja, sogar ihre Anordnung, immer gleich.
Natürlich würde man sich viele Nervenzellen sparen wenn man eine einsilbige Antwort wie „ja“ oder „nein“ geben würde. Aber das Leben ist nun mal Ironie- und Sarkasmusfördernd. Und manchmal wird man auch von einen komplexen Triebwerk menschlicher Gelüste (im Volksmund auch als „Langweile" bekannt) gelenkt. Jedenfalls wollen wir uns nicht darauf beschränken.
Bei den Männern finde ich persönlich besonders schön ihnen genau die gleiche Frage entgegenzustellen. Wenn dieser Individuum einen IQ-Wert (Bitte NICHT mit ICQ verwechseln) in einen positiven Wertebereich hat, wird ihn möglicherweise dämmern dass es keinen Richtigen gibt. Wäre sowieso interessant mal zu wissen wie dieser mysteriöse „Richtige“ für eine Lesbe aussehen sollte. Immerhin ist es eine reine Geschmackssache. So wäre es nicht ausgeschlossen dass er keine Barthaare, stattdessen aber schöne knackige Brüste hätte, mir allen was dazu gehört. So viel dazu.
Bei den weiblichen Individuen wäre die Entgegenstellung der Frage eher unkreativ. Stattdessen empfiehlt es sich, zu fragen, ob sie vielleicht nur noch nicht DIE Richtige gefunden hat. Wenn man Pech hat, versteht sie nur, was gemeint ist. Mit etwas mehr Glück weckt man Neugier und eine heiße Nacht könnte eine angenehme Konsequenz sein.
OK, es geht weiter. „Sehnst du dich denn gar nicht nach einen Mann?“
Da müsste man eigentlich nachfragen ob die Leute wissen was eine Lesbe ist. Wie war es nochmal mit der Deffinition? Immerhin – für Insider kaum zu glauben – lässt der trockene Begriff viele Interprätationen zu. Sogar mein Vater hat sich, trotz seiner UdSSR-Erziehung, in dieses Mysterium vorgewagt.
„Du bist nicht lesbisch“ – stellte er triumphierend fest, als ich ruhig „seinen“ Platz auf dem Sofa belegte. Aja – dachte ich mir nur – was kommt denn jetzt? So fragte ich ihn, mit steigender Neugier, wie er auf die tolle Idee kommt. – „Du hast keine männliche Denkweise!“
So was er diesmal von seiner Intelligenz überwältigt und stand in einer stolzerfüllten Pose direckt unter der Leuchte wo eine Lampe nicht richtig funktionierte. Ich dagegen war von seinen Gedankengang eher irritiert.
„Seit wann haben Lesben eine „männliche Denkweise?““ – fragte ich nach, während ich an meinen Tee schlurfte. Jetzt schiehn sein Gedankenfluß aus den Fugen geraten zu sein und die Pose ähnelte auch nicht mehr der einer griechischen Statue.
„Ach, haben sie nicht?“ – fragte er irritiert
„Ne, eigentlich nicht“
„Ah so...“ – mit dieser tatkräftiger Ansage verließ er somit das Zimmer um sich in der Küche ne Stulle zu machen. Ich versuchte hingegen mir vom MTV-mindeless-entertainment-Pr ogramm meine letzten Hirnwindungen herausbrennen zu lassen. Mit den Schnuffellied geht sowas ja schnell genug. Aber ich frag mich immer noch wie er auf diese tolle Feststellung kommt. Das gute an der Geschichte ist immer noch, dass man über den Vorfall mit den Mädels schreiben kann, sodass man ein einigermassen neutrales Gesprächthema hat damit es zu einen gemeinsamen Kaffeetrinken kommt. Oder?
An dieser Stelle möchte ich natürlich hinzufügen, dass eine simple Deffinition von Lesbe ist gleich EineFrauDieAufFrauenSteht schon an sich der Vermeidung so mancher Missverständnisse beiträgt. Nur so als Tipp.
An eine andere oft gestellte Frage wurde ich freundlicherweise vor ein paar Tagen erinnert. Diese höchst ehrenvolle Aufgabe hat ein russischer junger Mann übernommen, der noch nie zuvor eine Lesbe gesehen hat. Und – hier ist sie schon:
„Wie hast du erfahren dass du lesbisch bist?“
„Aus den Nachrichten“ – antwortete ich relaxed. Jawohl, es lebe Sat1 und Pro7! So ist es nun mal wenn man in einer medienabhängigen fernsehsüchtigen Gesellschaft aufwächst. Für die eher natürverbundenen Menschen empfiehlt es sich auf die alt bewährte Antwortmöglichkeit „Ein Vögelchen hat es mir zugezwitschert“ zuzugreifen. Wie man sieht, ist diese Geschichte auch auf das unterschiedliche Konsumverhalten zugeschnitten, also bitte, bedienen Sie sich ruhig. Für die Physiker hieße es „Ich saß unter einen Baum und mir ist ein „IchBinLesbisch“ auf den Kopf gefallen“ Für die weiteren Angebote müssten Sie bei mir im Profil einen kostenpflichtigen Katalog bestellen. Ganz billig, versteht sich.
Und hat man es einmal satt mit dem Fragefeuer überschüttet zu werden, so ist die Zeit reif für einen Gegenangriff. Schließlich lässt sich der Spieß wunderbar umdrehen. Hier sind die TOP10!
„Und weißt du schon lange dass du hetero bist?“
„Haben deine schwulen und lesbischen Freunde ein Problem damit?“
„Hast du Angst Probleme in der Schule zu bekommen falls es bekannt wird?“
„Willst du vor der Ehe keinen Sex haben?“
„Was wirst du machen wenn du/deine Freundin schwanger wird?“
„Wünschst du dir manchmal nicht hetero zu sein?“
„Magst du das Wort „Hetero“?“
„Hat dich die Erziehung irgendwie in die Richtung beeinflußt, dass du keine andere Möglichkeit gehabt hast?“
„Meinst du nicht auch, die Heteros sollen das ausleben, aber sie müssen es ja nicht so öffentlich zeigen?“
„Meinst du hetero ist heilbar?“
Die Fragen kommen übrigens gut, wenn man sie mit einen drammatischen Gesichtsausdruck vorträgt. Er sollte davor lange vor dem Spiegel geübt werden damit man bei den Fragen nicht in hysterischen Lachen ausbricht.
Somit wären wir auch am Ziel. Die Missverständisse wurden ansatzweise geklärt, die Heten – total geschockt. Grund genug in ein nettes Café zu gehen um Frauen dort zu begutachten. So hat man auch ein gemeinsames Gesprächsthema. Außer – man lässt sich auf die Männerschwärmerei von der Hetenfreundin an. Aber wir sind ja tolerant, wisst ihr noch? Also – Auf die Freundschaft! DRUZHBA!
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Sasori. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.