von miezekatzen
Die Wochen vergingen und schnell merkte ich, dass ich nicht allein in einer fremden Stadt, ohne eine Menschenseele zu kennen, einen Neustart wagen wollte… Nö, dachte ich und fragte prompt meine vier Jahre jüngere Schwester, ob sie nicht Lust hatte, mich in eine „Großstadt“ zu begleiten…
Übermotiviert rief ich sie eines Tages auf ihrem Handy an. „Hey Melin, alles klar?“ fragte ich meine Schwester. „ Alles in Ordnung, komme gerade von der Arbeit. War wieder wahnsinnig stressig.“ Sie erzählte mir kurz, wie ihr Tag gelaufen war und fragte dann, aus welchem Grund ich anrief. „Duuu?!!“ antwortete ich, „du weißt ja, dass es mir in letzter Zeit nicht allzu gut geht und ich einfach nichts mehr auf die Reihe bekomme. Deshalb dachte ich daran… na ja… hmm… wegzuziehen…weiter weg, und zwar in eine größere Stadt und wollte Dich fragen ob Du nicht…“ So, die Bombe war geplatzt. Noch bevor ich meine Frage zu Ende formulieren konnte, sagte sie: „Ja“. Ich sollte dazu erwähnen, dass es ihr zu dieser Zeit auch nicht wirklich besser ging und sie auch dringend eine Abwechslung zu ihrem Alltag benötigte. „An welche Stadt hast Du denn gedacht“ fragte sie mich plötzlich. Allzu weit weg wollte ich selbstverständlich auch nicht von meinen Eltern, unserer anderen Schwester, meinen Freunden usw. ziehen, und so beschlossen wir uns in Stuttgart umzusehen, dort auch gemeinsam unsere Schulen zu beenden und neu zu starten.
Zwei Wochen später bekam ich plötzlich einen Anruf. „Ja, Hallo?“ fragte ich, denn es stand `Unbekannter Teilnehmer` auf meinem Handy. „Hi Melli, ich bin´s, Dani. Wie geht’s? Wie geht´s Melinda? Haben uns schon ne Weile nicht mehr gesehen“… Es war unsere Cousine Daniela. Nach der üblichen Begrüßung fragte ich sie, was es denn gäbe. Zuerst druckste sie etwas herum: „Ich habe von eurer Mum mitbekommen, dass ihr nach Stuttgart ziehen möchtet. Ich finde das eine super Idee und wollte euch fragen… na ja, ähm, ihr wisst doch, dass ich meine Ausbildung jetzt abgeschlossen habe. Ich möchte jetzt genauso wie Du mein Abi nachholen… und wollte fragen, ob ihr mich nicht mitnehmen würdet…?\"
Nach monatelanger Sucherei nach einer geeigneten Wohnung (die ja schließlich groß genug für eine WG sein musste) hatten wir dann endlich Erfolg. Im Sommer 2006 zogen wir nun in die (für uns) riesige Stadt. Da noch Sommerferien waren, genossen wir unsere Freizeit, erkundschafteten die Stadt, gingen viel aus und hatten riesigen Spaß an den unterschiedlichen Leuten und „unserer“ neuen Stadt.
Doch leider waren auch die Ferien Mitte September vorbei und der Alltagsstress begann. Wir mussten nun auch neben der Schule arbeiten, um unsere WG und unser Leben zu finanzieren. Lange Zeit wurden wir nicht fündig, bis uns unsere 27 jährige Nachbarin, mit der wir sofort nach Einzug Freundschaft geschlossen hatten, den Tipp gab, im Kino bei uns um die Ecke anzufangen. Sie selbst arbeitete dort schon seit acht Jahren und wusste, dass im Moment noch Service-Personal gesucht wurde. Zusätzlich versprach sie uns ein gutes Wort bei ihrem Chef einzulegen…“Die Männer werden sich freuen, drei so hübsche Mädels als Kolleginnen zu bekommen“ sagte sie ständig. Selbstverständlich schrieben wir dann auch sofort unsere Bewerbungen und bekamen aber wochenlang keine Antwort…(unsere Ersparnisse wurden wirklich seeehr knapp), bis sich dann plötzlich Anfang Dezember der Chef des Kinos meldete und fragte , ob wir zu einem Vorstellungsgespräch Zeit hätten. Dieses ergab sich dann schon als Einstellungsgespräch, was uns wahnsinnig freute.
In der ersten Woche war die Arbeit total relaxed, wir mussten nur Kollegen hinterherlaufen, die uns anwiesen, die Kinosäle aufzuräumen und diverse andere Tätigkeiten zu erledigen. Da gerade die Weihnachtsferien begonnen hatten, viel der zusätzliche Schulstress aus und wir konnten uns voll und ganz der neuen Arbeit widmen. Was mich nur schon von Anfang an reizte (und mir auch von unserer Nachbarin empfohlen wurde), war der Verkauf von Getränken und Popcorn an der Concession (Der Verkaufstheke). (Natürlich dachte ich da auch an die Provision, die man dort zusätzlich zum Gehalt bekam). Es grauste mir nur vor meinen baldigen Kolleginnen, die uns alle sehr skeptisch zuschauten…Drei Mädels, auch noch verwandt miteinander, wurden zusammen angestellt. Sowas gab es bisher nicht, was uns unsere männlichen Kollegen bald mitteilten.
Naja, Donnerstag nach Weihnachten war nun der erste Tag an der Concession. Wir stempelten uns wie immer ein und der Chef überließ uns die Entscheidung, wer nun im Verkauf und wer an der Information arbeiten sollte, jeder sollte sich dann dementsprechend bei einer Kollegin, deren Namen wir nur an der jeweiligen Stelle erwähnen sollten, melden. Meine Schwester überließ mir die Entscheidung, und so beschloss ich (klar!) an die Concession zu gehen. Schließlich freute ich mich schon die ganze Zeit darauf. Ich sollte mich bei einer Frau K. melden. Ich dachte kurz „Super Information“, und fragte meinen Chef wie die Frau denn mit dem Vornamen hieße. Schließlich waren die Mädels im Kino alle etwa im gleichen Alter wie wir und ich wollte mich nicht schon zu Beginn lächerlich machen und sie fragen, wer denn nun Frau soundso sei. Doch der Chef antwortete: „Die unten wissen schon bescheid“. Na toll, dachte ich, echt super, vielen Dank. Also machte ich mich auf den Weg, weil ich sowieso schon zu spät war.
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miezekatzen. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.