von miezekatzen
In den kommenden Wochen entwickelte sich zwischen Katrin und uns dreien eine Freundschaft. Sie verstand sich vor allem mit meiner Schwester sehr gut, da Melinda das Talent besaß, sehr offen auf andere zuzugehen. Nachdem sie dann auch zum ersten Mal an der Concession gearbeitet hatte, war es um Katrin geschehen. Ich merkte wie sie lockerer und immer offener wurde und über Gott und die Welt plapperte. Sie hatte mit meiner Schwester und auch mit Daniela riesigen Spaß und die drei scherzten oft miteinander. Nach und nach stellte sich raus, warum sie sich zu Beginn so seltsam verhalten hatte. Es hatte mit den anderen Mädels im Kino zutun. Diese waren, als wir eingestellt wurden, nicht gerade glücklich über die neue Situation und fühlten sich von ihren männlichen Kollegen (warum auch immer) vernachlässigt. Zudem dachten sie, sie hätten es mit drei Diven zu tun, die sich bestimmt nicht in ihre Gruppe integrieren konnten und immer nur alleine rumhängen würden. Deshalb war auch Katrin anfangs etwas skeptisch uns gegenüber gewesen. Natürlich klärte sich die Situation dann auf und dementsprechend verstanden wir uns mit fast allen wirklich super. Wir machten viel zusammen, gingen z.B. in Personal-Vorstellungen (Extravorstellungen von Filmen nur für uns Angestellte und Freunde)oder unternahmen oft nach Feierabend etwas, wie z.B. Billard spielen oder etwas trinken gehen. Wir hatten eigentlich eine echt schöne Zeit…Eigentlich…
Ich war irgendwie unglücklich. Ich wusste nicht wirklich warum, aber mich störte es mehr und mehr, wie gut sich Katrin mit den anderen beiden verstand. Sie scherzten während der ganzen Arbeitszeit, führten lange Gespräche miteinander und bald darauf tauschten sie sogar die Handynummern aus. Es war nicht so, dass zwischen uns Funkstille herrschte… nein, aber wir hatten einfach nicht die gleiche Beziehung zueinander. Sie war in meiner Nähe eher ruhig und mir kam es so vor, als wüsste sie nicht, was bzw. worüber sie mit mir reden sollte. Toll, oder? Sie grinste mich immer lieb an, redete ab und an mit mir aber ich konnte einfach nicht so offen an die ganze Sache rangehen wie die anderen beiden( die empfanden ja auch nichts für sie). In ihrer Nähe benahm ich mich wie ein absoluter Volltrottel, im Ernst. Ich konnte einfach nicht so sein wie ich wollte, es war wie verhext.
Einmal stand ich wieder hinter der Verkaufstheke im zweiten Obergeschoss und träumte vor mich hin. Ich war an dem Tag alleine oben eingetragen und hatte wenig zu tun. Gelangweilt und total in Gedanken versunken stapelte ich die Deckel für die Getränkebecher. Als ich gerade die nächste Packung aufreißen wollte sah ich mich um und erschrak fast zu Tode. Katrin stand neben der Concession, hatte ihre Arme darauf abgestützt und sah mir grinsend zu. Mit einem lauten Schrei (wie peinlich) fielen die ganzen Deckel, ich glaube es waren fünfzig an der Zahl, in einem hohen Bogen auf den Boden. Ich hielt mir vor lauter Schreck den Mund zu und sah sie entgeistert an. Wie hatte sie es geschafft sich so anzuschleichen? Und gerade sie. Jetzt stand sie da und konnte nicht mehr vor lauter Lachen. Sie kam hinter die Verkaufstheke und half mir die Deckel aufzuheben. „Wovon träumst Du denn gerade?“ fragte sich mich grinsend und stand direkt vor mir. Sie ist so süß, dachte ich und mein Herz klopfte noch schneller. Sie erzählte mir, dass sie wohl schon eine ganze Weile so dagestanden hätte. Solche Dinge passierten mir ständig in ihrer Nähe!
Ja… ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Ich mochte sie sehr, ihre flippige Art, ihr Wesen, ihr Lachen … doch keine Chance, ich distanzierte mich trotzdem. Das kann einfach nicht sein, dachte ich mir oft. Was war nur los? Ich kann doch nicht wirklich auf sie stehen! Und außerdem hat sie eine Freundin. Wir hatten von ihr erfahren, dass sie bereits drei bis vier Monate mit ihr zusammen war, jedoch sah ich sie(glücklicherweise) nie. Katrin begleitete uns oft nach der Arbeit nach Hause, weil sie mit der Straßenbahn fahren musste und diese direkt bei uns vor der Haustür losfuhr. Oft telefonierte sie dabei noch kurz mit ihr und gespannt lauschte ich ihr zu um vielleicht doch mehr über ihre Beziehung zu erfahren. Ich hätte mich nie getraut sie darüber zu fragen, lieber ließ ich mir alles von meiner Schwester und Cousine erzählen. Das kam nicht so auffällig.
Egal ob zuhause, in der Schule oder sonst wo musste ich ständig an sie denken. Ich saß mit beiden abends häufig zusammen wenn ich nicht gearbeitet hatte und ließ mir erzählen, wie es im Kino gewesen war. Wir unterhielten uns über sie (meistens durch mich angezettelt…grins).Ich musste langsam aufpassen, dass es nicht allzu offensichtlich rüberkam. Die beiden waren aber von Katrin und ihrer Art auch angetan und deshalb hatte ich es dementsprechend einfacher. Einmal an einem Wochenende wäre mir fast etwas ausgerutscht. Wir saßen alle in unserer Wohnung im „Raucherzimmer“ zusammen und hatten vor auszugehen. Wieder einmal kamen wir auf das Thema Kino und Katrin. Ich war schon leicht angetrunken und sagte plötzlich: „Also…wenn ich auch so wär… ich meine wie Katrin… ich meine lesbisch, dann wär ich gerne mit ihr zusammen.“ Oh nein… hatte ich das wirklich gerade gesagt? Die beiden sahen mich verdutzt an, aber ich konnte das Thema doch irgendwie wieder wechseln, ohne dass sie verdacht schöpften. Und zu meiner Erleichterung kam auch nie ein Kommentar zu meinem Spruch…Puh.
Mitte Januar, an einem Montag im Geschäft kam Melinda auf mich zu. Wir waren beim Arbeiten und ich hatte leider wieder mal das Pech an der Concession im 2. OG alleine arbeiten zu dürfen. Wir hatten Pause und ich blieb oben und machte es mir gerade in einem Raum neben der Verkaufstheke gemütlich. Mit Nachos und Popcorn bewaffnet (mein Abendessen) saß ich auf einem Barhocker und beobachtete wie sie sich näherte. „Melli, hast du es schon gehört?“ fragte mich meine Schwester laut schon von weitem. Ich hatte mir gerade eine Zigarette angemacht und schaute ihr jetzt etwas gelangweilt ins Gesicht. „Hmm?“ Meine Laune hatte seinen Grund, denn Katrin hatte an diesem Tag frei und ab kommendem Wochenende auch noch zwei Wochen Urlaub. Das war furchtbar… „Was ist denn mit DIR los?“ fragte sie mich als sie vor mir stand.
„Ach nichts, mir ist nur etwas langweilig hier oben“ antwortete ich. „Was soll ich gehört haben?“
„Katrin war gerade bei mir“ sagte sie. Ich wurde schlagartig hellwach. „Muss sie doch arbeiten? Dachte sie hat heute frei“ rutschte es mir raus. Hier oben bekam man auch gar nichts mit! Ob sie denn noch da war? Ich richtete mich sofort auf und sah meine Schwester mit großen Augen an. „Sie hat heute auch frei und ist privat hier. Wir haben uns gerade eine halbe Ewigkeit miteinander unterhalten und sie ist total fertig. Sie und ihre Freundin haben sich gestern getrennt.“
copyright © by
miezekatzen. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.