von me_tam
ja, da sind wir nun wieder. du und ich, kleiner schmetterling...
wie immer sind es wir beide, die übrig geblieben sind. ich und du, wie du auf meinem knie landest, und mir mit deinen bunten farben von besseren zeiten erzählst...
o wie sehr ich dich brauche, kleiner schmetterling! denn wenn nicht deine schillernden flügel den staub in der luft um mich herum aufwirbeln würden, ich glaube ich würde ersticken...
wieder einmal bist du das einzige, das mir geblieben ist. das weiß ich, wenn ich hier sitze. mitten in den trümmern einer weiteren traumwelt, die um mich zusammengebrochen ist...
sag mir, kleiner schmetterling - was habe ich falsch gemacht? warum wusste ich, dass es wieder so kommen würde? liegt es denn an mir, kleiner schmetterling?
natürlich antwortest du nicht; hast du noch nie getan. du schaust mich nur an, mit deinen kleinen schwarzen augen...
du wippst leicht mit den Flügeln, als wolltest du fragen, was los ist. siehst du das denn nicht? siehst du nicht den berg aus splittern und scherben, auf dem ich sitze? merkst du nicht, wie die zeit vergeht... wie die zeiger immer schneller und schneller vorwärts rücken?
Früher war die zeit mein freund. ein netter bekannter, den man immer schon sympatisch fand und dem man noch vieles zutraut...
doch sie ist ein windiger genosse, diese zeit. nachdem sie mich so oft aufgehoben und mitgezogen hat, als ob es ganz einfach wäre und nachdem ich dann jedesmal doch wieder hier gelandet bin... nur mit dir und ein paar mehr scherben für den berg zu meinen füßen - nach alle dem traue ich ihr nicht mehr.
o ja, kleiner schmetterling, die zeit vergeht. tick tack - bedrohlich für die, die nicht mit ihr gehen!
doch wie soll ich mitgehen, frage ich dich. wie kann ich wieder aufstehen, von neuem, und versuchen dieser zeit zu folgen? meine füße sind schon wund, von den vielen dornen, die den weg bedecken. meine schuhe abgenutzt und mein kopf so schwer und mutlos, unendlich mutlos...
du schlägst leicht mit den flügeln, löst deinen leichten körper von mir. einen augenblick lang schwebst du genau vor meinen augen in der luft, als würdest du auf mich warten... doch dann befreist du dich aus deiner erstarrung und schwabst davon, in den grauen himmel vor uns. ohne zu zögern.
...
leb wohl, kleiner schmetterling, bis zum nächsten mal!
copyright © by
me_tam. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.